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Wir beginnen mit dem Einleitungsgebet: »Mein Herr und mein Gott, ich glaube fest, dass Du hier zugegen bist, dass Du mich siehst, dass Du mich hörst; ich bete Dich in tiefer Ehrfurcht an, ich bitte Dich um Verzeihung für meine Sünden« – und gleichzeitig, als Akt des Dankes und der Verehrung gegenüber der Gottesmutter, wollen wir nach diesem Gebet, das schon persönliches Beten ist, wie jeden Morgen und jeden Nachmittag betrachten, wie wir besser werden können.
Meine Kinder, heute, da mit dem neuen liturgischen Jahr eine Zeit voller Zuneigung zum Erlöser beginnt, ist ein guter Tag, um neu zu beginnen. Neu beginnen? Ja, neu beginnen. Ich beginne jeden Tag, jede Stunde, jedes Mal, wenn ich einen Reueakt verrichte. Und ich denke, dass du das auch tust.
»Ad te Domine levavi animam meam: Deus meus, in te confido, non erubescam«1, zu Dir, Herr, erhebe ich meine Seele, mein Gott, auf Dich vertraue ich. Lass mich nicht zuschanden werden! Ist dieses Vertrauen in Gott nicht die Stärke des Opus Dei? Im Laufe vieler Jahre haben wir in Augenblicken des Unverständnisses, ja des schonungslosen Unverständnisses so gebetet: »Non erubescam!« Aber wir sind nicht die einzigen Unverstandenen. Verständnislosigkeit erleiden alle, natürliche wie moralische Personen. Es gibt niemanden auf der Erde, der nicht mit oder ohne Berechtigung sagen könnte, dass er nicht verstanden wird, dass ihn Verwandte, Freunde, Nachbarn, Kollegen … nicht verstehen. Aber wenn er mit lauterer Absicht handelt, wird er sogleich sagen: »Ad te levavi animam meam« und mit dem Psalmisten fortfahren: »Etenim universi, qui te expectant, non confundetur«2, ja, alle, die auf dich harren, werden nicht zuschanden.
»In te confido …« Es handelt sich nicht mehr bloß um Unverständnis, sondern um Menschen, die hassen, die eine schlechte Absicht haben. Vor Jahren habe ich es nicht geglaubt, jetzt aber schon: »Neque irrideant me inimici mei«3: Lass meine Feinde mich nicht verlachen! Mein Sohn, Kind meiner Seele, sage Gott Dank dafür, dass Er diese Worte, die uns eine größere Stärke verleihen, in den Mund des Psalmisten gelegt hat. Und denke an jene Male, da du dich betroffen gefühlt und die Gelassenheit verloren hast, weil du dich nicht in der Lage sahst, dich an den Herrn zu wenden – Deus tuus, deinen Gott – und Ihm zu vertrauen.
Im inneren Kampf der Seele und im Kampf zur Ehre Gottes, um ein wirksames Apostolat im Dienst an Gott, den Menschen und der Kirche zu entfalten … dort in diesen Kämpfen habt Glauben und Vertrauen! »Aber Vater«, wirst du mich fragen, »wie verhält es sich dabei mit meinen Sünden?« Und ich antworte dir: Und was ist mit den Meinigen? So beten wir: »Ne respicias peccata nostra, sed fidem«4 und erinnern uns an die Worte aus der Heiligen Schrift: »Quia tu es, deus, fortitudo mea«5. Dann habe ich keine Angst mehr, weil Du, Herr, mehr auf meinen Glauben schaust als auf meine Erbärmlichkeit und weil Du meine Stärke bist. Und diese meine Kinder – ich bringe euch alle vor Gott – sind meine Stärke: sie sind stark, entschieden, sicher, gelassen, siegreich!
Aber auch demütig, demütig, weil wir den Ton, aus dem wir gemacht sind, sehr gut kennen und zumindest ein klein wenig unseres Stolzes und ein wenig unserer Sinnlichkeit haften bleibt. Und dabei wissen wir nicht alles. Wir wollen alles entdecken, was unseren Glauben, unsere Hoffnung, unsere Liebe behindert! Doch wir werden gelassen bleiben. Kurzum: Wir werden erahnen, dass wir bessere Kinder Gottes sind. So werden wir fähig sein, im neuen Jahr voranzukommen. Wir werden uns als Kinder Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes fühlen.
Uns hat der Herr den Weg zum Himmel gezeigt. Genauso wie Er Elija das unter der Asche verborgene gebackene Brot gab, hat Er es auch uns geschenkt, damit wir auf dem Weg vorangehen können. Dieser Weg kann der Weg eines Heiligen, eines Lauen oder – daran will ich gar nicht denken – eines schlechten Menschen sein. »Vias tuas, Domine, demonstra mihi; et semitas tuas edoce me«6: Zeige mir, Herr, Deine Wege, lehre mich Deine Pfade! Möchtest du darüber etwas mehr nachdenken?
Aber kehren wir zum Evangelium zurück. Es ist interessant festzustellen, wie zu wiederholten Malen zwischen den Aposteln, den Jüngern und der Menge unterschieden wird; und sogar unter den Aposteln zwischen einer Gruppe von ihnen – den drei Bevorzugten – und den übrigen. Auch in diesem Punkt, so scheint mir, hat unser Werk einen tiefen Gleichklang mit dem Evangelium. Wir sind für die Menge da, aber in unserer Nähe gibt es unzählige Freunde und Kollegen, die unmittelbar vom Geist des Opus Dei berührt werden. Der Herr stellt uns wie die Jünger auf einen hohen Berg, und zwar so, dass uns die Menge sieht. Das gleiche geschieht mit euch: Aufgrund des Amtes, das ihr jetzt innehabt, steht ihr – obwohl wir im Werk alle gleich sind – mehr im Blickfeld eurer Brüder. Vergesst das nicht, und verliert mir dieses Verantwortungsbewusstsein nie aus den Augen.
»Ostern, das große Fest der Juden, war nahe. Als Jesus aufblickte und die riesige Menschenmenge sah …«5 Achtet, ich betone es, auf diese Menge. Der Herr richtet die Augen und das Herz auf die Leute, auf alle Menschen ohne irgendeine Ausnahme. Der Hinweis entgeht uns nicht, dass wir den Menschen gegenüber nicht unnachgiebig sein dürfen, der Lehre gegenüber schon, aber den Menschen gegenüber nie, nie! Wenn wir so handeln, werden wir – weil es unsere Berufung ist – notwendigerweise Salz und Licht sein, aber mitten in der Menge. Hin und wieder werden wir ins Boot steigen oder uns mit Jesus abseits auf einen Berg zurückziehen; aber das Normale wird sein, dass wir unter den Leuten leben und arbeiten.
Dann fragte Jesus Philippus: »Wo sollen wir Brot kaufen, um allen diesen Leuten zu essen zu geben? Das sagte Er aber, um ihn auf die Probe zu stellen, denn Er selbst wusste, was Er tun wollte.«6 Oftmals habe ich im Laufe der Geschichte des Werkes gedacht, dass der Herr die Dinge von Ewigkeit her vorgesehen hat, uns andererseits aber völlige Freiheit lässt. Gelegentlich scheint es, dass der Herr uns versucht und unseren Glauben auf die Probe stellen möchte. Aber Jesus Christus lässt uns nicht im Stich. Wenn wir beharrlich bleiben, ist Er bereit, Wunder zu wirken, Brote zu vermehren, Willen zu wandeln, den finstersten Geistern Licht zu schenken und durch eine außerordentliche Gnade zu bewirken, dass jene zur Rechtschaffenheit fähig werden, die es vielleicht niemals waren.
Meine Kinder, welches Vertrauen der Herr zu uns hat! Das soll der zweite Punkt unserer Betrachtung sein. Ich wollte, dass ihr zuerst betrachtet, dass wir im Werk sind, bei Christus, nicht um uns zu isolieren, sondern im Gegenteil, um uns der Menge zu widmen; zuerst euren Brüdern und dann den anderen. Und dann, dass wir nicht unruhig werden dürfen, wenn uns der Gedanke an eine Not, die kommen kann, bedrängt, denn der Herr wird uns zu Hilfe kommen. Wenn wir einmal dieses tentans eum – um ihn auf die Probe zu stellen – spüren, von dem das heilige Evangelium spricht, dann darf uns das keine Sorgen bereiten, bedeutet es doch, dass Gott, unser Herr, mit uns spielt. Ich bin mir sicher, dass Er über unser Elend hinwegsehen wird, denn Er kennt unsere Schwäche, Er kennt aber auch unsere Liebe, unseren Glauben und unsere Hoffnung. Das alles fasse ich mit einem Wort zusammen: Vertrauen. Aber ein Vertrauen, das, weil es auf Christus gründet, vor Gott drängendes Gebet sein muss. Es muss tief empfunden und gut aufgenommen sein, besonders wenn es durch die Hände unserer Mutter, der Mutter Gottes, zur Heiligsten Dreifaltigkeit gelangt.
Verantwortungsbewusstsein: Wir sind im Boot. Mit Christus sinkt das Boot nicht. Mit Christus! Verantwortungsbewusstsein für uns, für unser Leben, für unser Verhalten, für unser Gebet um so viele göttliche Dinge. Die Mittel werden uns nicht fehlen. Wir werden das Nötige haben, um unser Apostolat die Jahrhunderte hindurch fortzuführen, indem wir allen Nahrung geben, indem wir das Brot vermehren.
Das ist die zweite Erwägung: Verantwortungsbewusstsein. Deshalb bitten wir unseren Herrn um Verzeihung für unzählige Dummheiten, die ein jeder von uns wohl begangen hat. Wir bitten um Verzeihung, beseelt vom wirksamen Wunsch, uns zu bessern. Und wir sagen voll Glauben Dank – in der Gewissheit, dass, was immer auch geschieht, die Frucht am Ende reifen wird. Verantwortungsbewusstsein und ein großes Vertrauen auf den Herrn, der unser allmächtiger Vater ist, die Weisheit, die Liebe … Und jetzt schweige ich. Fahr du ein paar Minuten lang mit deinem Gebet alleine fort.
Aber achtet auf die Frucht des Gehorsams dieser Leute: ein Wunder. Jesus wirkt ein staunenswertes Wunder. Und im Werk tut Er das so oft! Einige durch seine gewöhnliche, andere durch seine außergewöhnliche Vorsehung. Gott ist bereit. Worauf es ankommt, ist, dass wir gehorchen, dass wir den Herrn sozusagen unter Druck setzen, indem wir uns bemühen, fest an Ihn zu glauben. Dann tritt Er glanzvoll in Erscheinung und wirkt Dinge, an denen man sieht, dass Er seine Hand im Spiel hat. Dann wirkt Er Dinge, die nur Er wirken kann. Wie das hier, wie das hier.
»Dann nahm Jesus die Brote, und nachdem Er gedankt hatte, teilte Er sie an die Leute aus, und ebenso die Fische, jedem soviel Er wollte.«13 So großzügig. Wieviel wollt ihr? Zwei? Drei? Er gibt vier, sechs, hundert. Warum? Weil Christus die Ereignisse mit göttlicher Weisheit sieht; mit seiner Allmacht vermag Er mehr und kommt weiter als wir. Wenn ich daher in diesen Tagen – oder Monaten oder Jahren – an diese Angelegenheit denke, von der wir nicht wissen, ob sie jetzt oder später erreicht wird – ich habe Glauben, dass es jetzt sein kann –, wenn ich mit meinem Verstand überlege und zu dem Schluss komme, dass es nicht klappen wird, dann sage ich: früher, mehr, besser! Der Herr sieht weiter als wir mit unserer Logik! Er macht die Dinge früher, mit mehr Großzügigkeit, und Er macht sie besser.
»Als die Menge satt war, sagte Er zu seinen Jüngern: Sammelt die übriggebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt. Sie sammelten und füllten zwölf Körbe mit den Stücken, die von den fünf Gerstenbroten übriggeblieben waren, nachdem alle gegessen hatten.«14 Es kommt euch sofort in den Sinn, wie ein guter Prediger diesen Abschnitt des Evangeliums kommentiert. Wozu werden die Reste eingesammelt? Wozu? Damit wir aus diesen zwölf Körben mit übriggebliebenem Brot essen und uns vom Glauben ernähren können, vom Glauben an Ihn, der all das in Überfülle wirken kann, weil Er den Wunsch hat zu erlösen, die Menschen zu retten. Herr, mach, dass in diesem Augenblick Körbe übrig sind! Sei großzügig! Man soll sehen, dass Du es bist!
»Als die Menschen das Wunder sahen, das Jesus gewirkt hatte, sagten sie: Das ist sicher der Prophet, der in die Welt kommen soll.«15 Sie wollten Ihn entführen, um Ihn zum König auszurufen, erinnert ihr euch? Wir haben Ihn bereits als unseren König anerkannt, seit man den Samen des Glaubens in unser Herz gelegt hat. Später, als Er uns rief, haben wir Ihn dann von Neuem inthronisiert.
Vollkommener Gott! Wenn sich diese Menschen wegen eines Stücks Brot begeistern – obwohl das Wunder sicher groß war – und Dir zujubeln, so dass Du Dich sogar verbergen musst, was werden dann wir tun, da Du uns doch im Werk im Laufe dieser Jahre so vieles gegeben hast?
Ich habe eine Reihe von Vorsätzen für den Augenblick der definitiven rechtlichen Lösung gefasst. Zum einen viele, viele Messen lesen zu lassen und alle zum Gebet anzuhalten; um Opfer zu bitten und unserem Herrn ständig – Tag und Nacht – in den Ohren zu liegen. Zum anderen auch den Vorsatz: sobald es soweit ist, in den Zentren des Generalrates und des Zentralassessorates, in den Regionalkommissionen, den Regionalassessoraten und den Studienzentren zwei ewige Lichter in der Nähe des Tabernakels anzubringen. Und dann habe ich mich fürchterlich geschämt: Wie konnte ich mich einem so großzügigen König gegenüber so knauserig verhalten? Und sofort habe ich veranlasst, überallhin einen Hinweis zu schicken, jetzt unverzüglich in diesen Zentren zwei ewige Lichter beim Allerheiligsten aufzustellen. Es sind wenige, aber es ist, als wären es dreihunderttausend: Es ist die Liebe, mit der wir das tun!
Herr, wir bitten Dich, dass Du Dich nicht vor uns verbirgst, dass Du immer unter uns lebst, wir Dich sehen und Dich berühren, dass wir Dich fühlen und immer an Deiner Seite sein wollen, im Boot, voll Glauben, vertrauensvoll und voll Verantwortungsbewusstsein, mit dem Blick auf die Menge, »ut salvi fiant«16, damit alle gerettet werden.
Meine Kinder, »omnia quaecumque orantes petitis, credite quia accipietis, et evenient vobis«5. So schreibt der heilige Markus: Alles, was ihr im Gebet erbittet, alles!, glaubt, dass es euch gegeben wird. Wir wollen gemeinsam bitten! Und wie bittet man Gott, unseren Herrn? So wie man eine Mutter bittet, wie man einen Bruder bittet: manchmal durch einen Blick, andere Male durch eine Geste, andere Male wieder durch unser gutes Verhalten, damit sie zufrieden sind und unsere Liebe merken, andere Male mit Worten. Also so, betet so. Alle Arten, uns mit einer anderen Person zu verständigen, müssen wir einsetzen, um zu beten und mit Gott Umgang zu pflegen.
Der heilige Lukas schreibt: »omnis enim qui petit accipit, et qui quaerit invenit, et pulsanti aperietur«6. Jeden, der um etwas bittet, erhört der Herr. Aber wir müssen voll Glauben bitten, wie ich zuvor schon gesagt habe, und das umso mehr, wenn wir wenigstens zwei sind, und hier sind wir so viele Tausend.
»Si quid petieritis Patrem in nomine meo, dabit vobis«7. Das ist vom heiligen Johannes: Wenn ihr den Vater um irgendetwas in meinem Namen bittet, so wird Er es euch geben; im Namen Jesu. Wenn ihr Ihn jeden Tag in der Eucharistie empfangt, so sagt Ihm: Herr, in Deinem Namen bitte ich den Vater … Und ihr bittet um all das, was angebracht ist, damit wir der Kirche Gottes besser dienen und besser für die Ehre des Herrn arbeiten können, für die des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, für die der Heiligsten Dreifaltigkeit, die ein einziger Gott ist.
»Petite et accipietis, ut gaudium vestrum sit plenum«8: Bittet, und ihr werdet empfangen und von Freude erfüllt sein. Dieses gaudium cum pace, um das wir jeden Tag in den Preces(a) bitten, ist im Leben eines Sohnes Gottes mit seinen Kämpfen, kleinen Dummheiten und Irrtümern Wirklichkeit, wenn er sich nur dem Herrn gegenüber so verhält, wie es sich gehört, weil er Ihn liebt und gernhat. Ich begehe so viele Irrtümer, da werdet auch ihr den einen oder anderen begehen. Diesem meinem Sohn wird Er unvermeidlich geben, worum er Ihn bittet, und außerdem wird Er ihm eine Freude schenken, die nichts auf der Erde aus seinem Herzen reißen kann.
Erinnern wir uns an unsere Verstorbenen. Ich denke an meine Eltern, die wir, ohne dass sie daran schuld waren, leiden ließen, auch wenn es manchmal notwendig war. Der Herr möge es ihnen im Himmel großzügig vergelten. Denken wir an unsere Brüder, die schon in der Herrlichkeit sind. Ich bitte sie, da sie ja zur triumphierenden Kirche gehören – jawohl, zur triumphierenden Kirche, es ist nicht wahr, dass sie nicht triumphiert! –, sie mögen sich mit jenen, die im Fegefeuer sind, vereinigen und danken helfen – uns, die wir auf Erden unterwegs sind und daher das Risiko laufen, nicht ans Ziel zu gelangen.
Immer ein Ritornello: ut sit!, ut sit!, ut sit! Gratias tibi, Deus, gratias tibi! Wir leiden, aber wir sind nicht unglücklich. Wir leben im Glück, auf Deine Hilfe zu bauen. Pro universis beneficiis tuis, etiam ignotis. Ich habe nichts: keine menschliche Eignung, keine Ehre, keine Verdienste … Aber dann gewährst Du mir alles: wann Du willst, wie Du willst. Mein Gott, Du bist Liebe!
Folgt dem Gang meiner Worte höchstens am Rande, meine Kinder. Jeder soll das Gebet halten, wie es ihm am besten liegt. Im Werk haben alle persönlichen Wege Platz, die zu Gott führen.
Wir sind in Sorge um Deine heilige Kirche. Das Werk macht mir keine Sorgen. Es ist voller Blüten und Früchte. Es ist ein laubreicher Wald, der sich leicht verpflanzen lässt und an allen Orten Wurzeln schlägt, in allen Rassen, in allen Familien. Vierundvierzig Jahre! Das Werk macht mir keine Sorgen. Aber wieso bin ich nicht schon tausendmal gestorben? Mir kommt es vor, als hätte ich geträumt: ein Traum ohne die Farben jener braunen Erde Kastiliens und auch ohne die meiner guten aragonischen Erde. In diesem Traum war ich zu vorsichtig, denn Du, Herr, gewährst immer mehr. Es gehört sich, dass meine Kinder aus diesem Mund, aus diesem befleckten Mund, immer und immer wieder Worte hören, die sie großzügig davon träumen lassen, wie dieser gewaltige Strom, fluvium pacis1, überall auf der Welt über die Ufer tritt. Träumt, und immer werden eure Träume hinter der Wirklichkeit zurückbleiben.
Meine Kinder, wollt ihr mit mir zusammen dem Herrn sagen, Er möge nicht auf meine Unzulänglichkeit und mein Elend schauen, sondern auf den Glauben, den Er mir gegeben hat? Nie habe ich gezweifelt! Und auch das kommt von Dir, Herr, denn es ist dem Menschen eigen, dass er schwankt.
Vierundvierzig Jahre! Meine Kinder, ich erinnere mich jetzt an das kleine Bild mit dem Portrait des heiligen Josef von Calasanz, das ich neben meinem Bett aufhängen ließ. Ich sehe den Heiligen nach Rom kommen; ich sehe, wie er hier bleibt, wie er misshandelt wird. Darin bin ich ihm ähnlich. Ich sehe ihn als Heiligen, worin ich ihm nicht ähnlich bin, und das bis in ein verehrungswürdiges Greisenalter.
Seid treu, Kinder meiner Seele, seid treu! Ihr seid die Kontinuität. Wie bei den Staffelläufen wird der Augenblick kommen – wann Gott will, wo Gott will, wie Gott will –, in dem ihr weiterlaufen und den Stab von einem zum anderen weitergeben müsst, denn ich werde nicht mehr können. Ihr werdet dafür sorgen, dass der gute Geist, den ich vom Herrn empfangen habe, nicht verlorengeht, dass die eigentümlichen und konkreten Merkmale unserer Berufung ohne Abstriche erhalten bleiben. Ihr werdet diese unsere Lebensweise, die göttlich und menschlich ist, an die nächste Generation weitergeben, und diese wiederum an die nächste.
Herr, ich bitte Dich um so vieles für meine Söhne und für meine Töchter … Ich bitte Dich um ihre Beharrlichkeit, um ihre Treue, um ihre Loyalität! Wir werden treu sein, wenn wir loyal sind. Schau über unsere Niederlagen hinweg, Herr. Keiner soll sich in Sicherheit wiegen, wenn er nicht kämpft, denn – so sagt das Sprichwort – der Hase hüpft hervor, wo man es am wenigsten vermutet. Und alle Sprichwörter sind voller Weisheit.
Versteht einander, entschuldigt einander, liebt einander. Wisst euch stets in Gottes Händen, getragen von seiner Güte, unter dem Schirm Mariens, unter der Schutzherrschaft des heiligen Josef und behütet von den Schutzengeln. Fühlt euch nie allein, sondern stets getragen. Dann werdet ihr immer standhaft bleiben: die Füße auf dem Boden und das Herz dort oben, um imstande zu sein, euch für das Gute zu entscheiden.
So werden wir immer die Lehre ohne Irrtum weitergeben, auch jetzt, da viele das nicht tun. Herr, wir lieben die Kirche, denn Du bist ihr Haupt; wir lieben den Papst, denn Er muss Dein Stellvertreter sein. Wir leiden mit der Kirche wie das Volk Israel in jenen Jahren in der Wüste. Der Vergleich stammt aus diesem Sommer. Warum so viele Leiden, Herr? Vielleicht damit wir Dir ähnlicher werden, damit wir verständnisvoller werden und mehr erfüllt sind von Deiner Liebe.
Bethlehem ist die Hingabe; Nazareth die Arbeit; das Apostolat ist das öffentliche Leben. Hunger und Durst. Verständnis im Umgang mit den Sündern. Und am Kreuz streckt Er mit der Geste des Priesters die Hände aus, damit wir alle am Holz Platz finden. Es ist unmöglich – außer vom Kreuz aus – die ganze Menschheit zu lieben; und wir lieben alle Seelen und weisen niemanden ab.
Man sieht, dass der Herr uns ein großes Herz geben möchte … Schaut, wie Er uns hilft, wie Er für uns sorgt, wie klar es ist, dass wir sein pusillus grex 2 sind, welche Stärke Er uns gibt, damit wir die Richtung weisen und den Kurs korrigieren; wie Er uns dazu antreibt, den einen oder anderen Stein dahin und dorthin zu werfen, damit die Herde sich nicht zerstreut; wie Er uns mit seinem liebevollen Pfiff in der Frömmigkeit beisteht.
Danke, Herr, denn ohne wirkliche Liebe hätte die Hingabe keinen Sinn. Die Seele mit Christus erfüllt – so müssen wir immer leben, und so wird unser Herz imstande sein, alle Dinge der Erde gereinigt aufzugreifen. Und so wird aus diesem Herzen, das Dein vielgeliebtes und erbarmungsreiches Herz widerspiegeln wird, Licht hervortreten, Salz, Feuer, das alles verzehrt.
Wenden wir uns an Maria, die Königin des Opus Dei. Bedenkt, dass diese Mutter glücklicherweise nicht stirbt. Sie kennt unsere Unzulänglichkeit. Für sie sind wir immer kleine Kinder, die in ihrem Schoß ausruhen können.
Ps 24, 1-2.
Ebd.
Ebd.
Gebet bei der Hl. Messe.
Ps 42, 2.
Ps 24, 4.
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