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Wir kennen sehr gut, was uns der heilige Paulus heute sagt: »Fratres, scientes quia hora est iam nos de somno surgere«9. Es ist an der Zeit zu arbeiten! Innerlich zu arbeiten, am Aufbau unserer Seele; und äußerlich, am Aufbau des Reiches Gottes. Und erneut kommt uns der Reueakt auf die Lippen: Herr, ich bitte Dich wegen meines schlechten Lebens, wegen meines lauen Lebens um Verzeihung. Ich bitte Dich für meine schlecht getane Arbeit um Verzeihung, und weil ich nicht verstanden habe zu lieben und Dich deswegen so vernachlässigt habe. Wenn ein Kind seiner Mutter einen verächtlichen Blick zuwirft, schmerzt das die Mutter sehr. Wenn dies hingegen ein Fremder tut, trifft es sie nicht so sehr. Ich bin aber dein Sohn, deswegen sage ich: mea culpa, mea culpa …!
»Wisst, dass es schon Zeit ist aufzustehen.« Mit welchem übernatürlichen Blick schauen wir auf das, was geschieht? Dies kommt nicht äußerlich zum Ausdruck, aber es zeigt sich in unseren Handlungen, manchmal sogar auch in unseren Blicken. Du musst einen tief nach innen gerichteten Blick haben. Ist es nicht so, dass es in deinem Leben ein wenig Träumerei gegeben hat, ein bisschen zu viel an leichten Lösungen? Denke daran, wie leicht wir es uns machen, wenn wir unsere Pflichten ohne viel Liebe erfüllen.
»Nox praecessit, dies autem appropinquavit: abiiciamus ergo opera tenebrarum, et induamur arma lucis«10; die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe; darum lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts! Der Apostel drückt sich sehr stark aus. »Sicut in die honeste ambulemus, lasst uns ehrenhaft leben wie am Tag«11. Wir müssen durch das Leben gehen, wie es die Apostel taten, mit dem Licht und dem Salz Gottes. Voll Natürlichkeit, aber mit einem guten inneren Leben, mit dem Geist des Opus Dei, den wir zum Leuchten bringen, so dass wir die Verdorbenheit, die es in unserer Umgebung gibt, meiden und als Früchte Gelassenheit und Freude ernten. Inmitten von Tränen, die es manchmal geben wird, was aber nicht weiter schlimm ist, werden sich Freude und Frieden, wird sich das gaudium cum pace einstellen.
Salz, Feuer, Licht; für die Seelen, für deine und meine Seele. Ein Akt der Liebe, der Reue. Mea culpa … Ich konnte und ich hätte Werkzeug sein sollen … Ich danke Dir, mein Gott, weil Du mir trotz allem einen großen Glauben geschenkt hast und die Gnade der Berufung und der Beharrlichkeit. Daher lässt uns die Kirche in der Heiligen Messe beten: »Dominus dabit benignitatem, et terra nostra dabit fructum suum; der Herr gibt Gutes und unser Land gibt seinen Ertrag.«12 Dieser Segen Gottes ist der Ursprung allen Ertrages, jener notwendigen Atmosphäre, damit wir in unserem Leben heilig werden und Heilige hervorbringen können, meine Kinder.
»Dominus dabit benignitatem …« Unser Herr erwartet Früchte. Wenn wir sie nicht bringen, nehmen wir sie Ihm weg. Aber es darf keine kümmerliche, ausgezehrte Frucht sein, weil wir es nicht verstanden haben, uns zu verschenken. Der Herr gibt das Wasser, den Regen, die Sonne, den guten Boden … aber Er erwartet die Aussaat, das Umgraben, das Beschneiden. Er erwartet, dass wir uns um die Früchte voller Liebe kümmern, dass wir – wenn nötig – verhindern, dass die Vögel des Himmels kommen und sie auffressen.
Wir wollen unser Gebet beenden, indem wir uns an unsere Mutter wenden, damit sie uns hilft, uns an die Vorsätze halten zu können, die wir uns vorgenommen haben.
Immer wieder habe ich euch gesagt, meine Kinder – und ihr habt es ebensooft wiederholt –, dass Gott, unser Herr, in seiner überaus liebevollen Vorsehung und seiner Zuneigung zu den Menschen – »deliciae meae esse cum filiis hominum«7, seine Wonne ist es, bei den Menschenkindern zu sein – uns irgendwie als Miterlöser haben wollte. Um uns zu helfen, diese herrliche Wirklichkeit zu begreifen, lässt Er deshalb den Evangelisten dieses Wunder bis ins Detail erzählen. Er konnte das Brot herbeiholen, woher Er nur wollte, »denn mir gehört alles Getier des Waldes, das Wild auf den Bergen zu Tausenden. In meiner Hand sind alle Vögel des Himmels, und was auf dem Feld sich regt, ist mein eigen … mein ist die Welt und was sie erfüllt«8. Aber nein, Er sucht das Mitwirken der Menschen.
»Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu Ihm: Hier ist ein Knabe, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; allein was ist das für so viele?«9 Er braucht die Mitwirkung eines Jungen, er nimmt ein paar Stücke Brot und einige Fische, dich und mich hat Er nötig, mein Sohn – und dabei ist Er Gott! Das führt uns dazu, mit unserer Antwort großzügig zu sein. Keinen von uns hat Er für irgend etwas nötig, und gleichzeitig braucht Er uns alle. Wie wunderbar das ist! Das wenige, das wir sind, erbittet Er von uns, unseren geringen Wert, unsere paar Talente – wir dürfen sie Ihm nicht vorenthalten. Die Fische, das Brot – alles.
Ein jeder wird sich jetzt fragen müssen: Was habe ich bisher mit meinen Sinnen getan? Was habe ich mit meinen Vermögen getan – mit dem Gedächtnis, dem Verstand, dem Willen? Allein die Betrachtung dieses Satzes könnte uns stundenlang beschäftigen. Was werden wir von nun an mit unserem ganzen Sein tun müssen? Es ist logisch, dass uns nun so vieles in den Sinn kommt, was nicht in Ordnung war und vielleicht noch nicht in Ordnung ist. Deshalb sage ich dir: Mein Sohn, hast du den Wunsch zur Korrektur, zur Läuterung, zur Abtötung, zu mehr Umgang mit dem Herrn, zu größerer Frömmigkeit, ohne Theater und äußerliches Getue, mit Natürlichkeit? Denn all das bedeutet, die Wirksamkeit des Werkes in uns und in allen Menschen zu vermehren. Wenn du dir die Zeit nimmst, dein Leben der letzten Zeit zu erforschen, wird es dir leichter fallen, meinen Überlegungen zu folgen, die ich in eurem und meinem Namen mit lauter Stimme hier anstelle.
Dann sprach Jesus: »Lasst die Leute sich lagern …«10 Die Jünger wussten, dass der Herr diesen Leuten zu essen geben wollte, aber sie hatten kein Geld: »Brot für zweihundert Denare reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll.«11 Sie hatten weder viel noch wenig Geld, und es wäre ein Riesenkapital notwendig gewesen, um jene Menschenmenge zu verköstigen. Da schafft der Herr Abhilfe: »Lasst die Leute sich lagern. Es gab an dieser Stelle viel Gras. Da setzten sie sich. Es waren etwa fünftausend Männer.«12 Fünftausend! Sie hörten die Stimme des Herrn und gehorchten alle, alle!, angefangen bei den Jüngern. Wie sieht der Gehorsam manchmal aus, da und dort … Es tut weh zu sehen, wie sie alles in Frage stellen. Sogar im Leben der Hingabe an Gott gibt es Menschen, für die alles Anlass zu Spitzfindigkeiten ist. Sie fragen sich, ob die Oberen dies oder jenes überhaupt befehlen können, ob sie da befehlen können und ob sie dort befehlen können … Im Opus Dei wissen wir: Man kann alles befehlen – mit der größten Achtung vor der persönlichen Freiheit in politischen und beruflichen Angelegenheiten –, solange es nicht eine Beleidigung Gottes ist.
Wir kommen zum dritten Punkt unserer Betrachtung, und in diesem dritten Punkt bin nicht ich es, der euch bestimmte Überlegungen vorträgt; nun seid ihr es, die ihr euch mit euch selbst konfrontieren müsst, denn der Herr hat uns für dasselbe Ziel erwählt, und in euch und in mir ist diese wunderbare universale Wirklichkeit geboren worden. Jetzt ist der Augenblick gekommen, in dem jeder auf sich selbst schauen muss, um zu erkennen, ob er das Werkzeug ist, das Gott will, oder nicht: das ist eine ganz persönliche Arbeit, eine tiefinnerliche Arbeit jedes einzelnen von euch mit Gott.
Seid davon überzeugt, meine Kinder, dass der einzige Weg der Weg der Heiligkeit ist. Inmitten aller Erbärmlichkeiten – ich habe viele – bitten wir aus ganzer Seele um Vergebung. Und trotz dieser Erbärmlichkeiten seid ihr beschauliche Seelen. Ich sehe das so. Ich betrachte nicht nur eure Fehler, denn wir kämpfen unentwegt gegen dieses Elend an, indem wir zum Herrn, unserem Gott, und seiner gebenedeiten Mutter gehen, indem wir uns bemühen, die Normen zu leben, die ich euch gegeben habe. Es ist uns ein Bedürfnis, zu Gott und zu Maria – zu unserer Mutter – zu gehen, und wir pflegen beständigen Umgang mit ihnen. Tun nicht genau das die beschaulichen Seelen?
Als ich heute Morgen aufwachte, dachte ich, dass ihr wohl möchtet, dass ich ein paar Worte an euch richte. Ich bin wahrscheinlich rot geworden, denn ich fühlte mich beschämt. Dann wandte ich mein Herz Gott zu, und ich sah, wie viel noch zu tun bleibt; und ich dachte auch an euch: Da war ich überzeugt, dass ich nicht alles gebe, was ich dem Werk schulde. Er schon, Gott schon. Deshalb sind wir heute Morgen gekommen, um unseren Dank zu erneuern. Ich bin sicher, dass auch euer erster Gedanke am heutigen Tag eine Danksagung gewesen ist.
Der Herr ist wirklich treu. Aber wir, sind wir treu? Ihr müsst eine persönliche Antwort geben, meine Kinder. Wie sieht sich jeder in seinem eigenen Leben? Ich frage euch nicht, ob ihr seht, dass ihr besser oder dass ihr schlechter seid, denn manchmal glauben wir etwas und sind dabei nicht objektiv. Manchmal lässt der Herr zu, dass es uns so vorkommt, als ob wir zurückfielen. Dann ergreifen wir noch fester seine Hand und fühlen uns voll Frieden und Freude. Deshalb frage ich euch nicht, ob es mit euch besser oder schlechter geht, sondern ob ihr den Willen Gottes erfüllt, ob ihr das Verlangen habt zu kämpfen, nach der göttlichen Hilfe zu rufen und nie ein menschliches Mittel zu ergreifen, ohne zugleich die übernatürlichen Mittel einzusetzen.
Denkt nach, ob ihr bestrebt seid, euer Herz zu weiten, ob ihr imstande seid, den Herrn zu bitten; denn oft sind wir dazu nicht imstande, oder wir bitten Ihn zwar, aber damit Er es uns nicht gewährt. Fragt euch, ob ihr imstande seid, Ihn darum zu bitten, dass ihr die Letzten seid und eure Brüder die Ersten; dass ihr das Licht seid, das sich verzehrt, das Salz, das aufgebraucht wird. Darum sollen wir bitten: uns verausgaben zu können, damit die anderen glücklich sind. Das ist das große Geheimnis unseres Lebens, das ist die Wirksamkeit unseres Apostolates.
Gestern Nachmittag war ich im kartengeschmückten Kabinettzimmer. Unbewusst warf ich einen Blick auf den Türsturz und stieß auf einen jener Wecker(a), von denen es in diesem Haus viele gibt: »Elegit nos ante mundi constitutionem ut essemus sancti in conspectu eius«3. Ich war bewegt. Es gibt kein anderes Mittel als den Kampf, heilig zu werden. Das ist unser Ziel. Wir haben kein anderes: Heiligkeit, Heiligkeit, Heiligkeit. Die apostolischen Einrichtungen, deren es viele gibt, sind keine Ziele, sondern Mittel, so wie die Hacke dem Gärtner als Werkzeug dient, um der Erde die Früchte abzuringen, die ihn ernähren. Meine Kinder, deswegen müssen wir uns mit allen unseren Kräften um die Heiligkeit bemühen: elegit nos … ut essemus sancti! Ich bitte den Herrn um Verzeihung für die Male, die ich Ihm nicht entsprochen habe, und um die Gnade, dieser Erwählung zu entsprechen. Wenn es notwendig ist, bitte ich um mehr Gnade der gewöhnlichen Vorsehung. Es macht mir nichts aus, da zu weit zu gehen.
Meine Kinder, ich möchte nicht, dass die Betrachtung zu lang wird. Helft mir, gegenüber Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist voll Dankbarkeit und Anerkennung zu sein, auch gegenüber der Mutter Gottes, die auch unsere Mutter ist, die uns immer, wenn es notwendig war, mütterlich zugelächelt hat. Als ich die Vorahnung hatte, dass der Herr etwas von mir wollte, und ich nicht wusste, was es war, rief und sang ich, wie ich es eben vermochte, Worte, die ihr sicher, wenn nicht mit dem Mund bewegt, doch im Herzen verkostet habt: »Ignem veni mittere in terram et quid volo nisi ut accendatur – Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen, und was will ich anderes, als dass es brenne«4. Und die Antwort: »Ecce ego quia vocasti me! – Hier bin ich, weil Du mich gerufen hast.«5 Sagen wir das jetzt alle aufs Neue unserem Gott?
Wir sind armselig, Herr, aber wir lieben Dich sehr, und wir wollen Dich noch viel mehr lieben, denn wir sind Deine Kinder. Wir rechnen mit Deiner ganzen Macht und mit unserer ganzen Armseligkeit. Indem wir unsere Armseligkeit eingestehen, werden wir uns wie die kleinen Kinder in die Arme unserer Mutter werfen, in den Schoß der Mutter Gottes, die unsere Mutter ist, und werden uns an das Herz Jesu Christi wenden. Dort werden wir alle Kraft und Macht, alle Kühnheit und Großzügigkeit erlangen, ja all die Liebe, die Gott für seine treuen Geschöpfe bereithält. Und wir werden sicher, wirksam und froh sein und durch diese göttliche Kraft mit der Hilfe Mariens den heiligen Willen Gottes erfüllt haben.
Wie oft war ich bewegt, wenn ich das Gebet las, das die Kirche den Priestern zur Vorbereitung auf die Messe anbietet: »O felicem virum, beatum Ioseph, cui datum est, Deum, quem multi reges voluerunt videre et non viderunt, audire et non audierunt …«(a) Habt ihr nie die Apostel und die Jünger beneidet, die mit Jesus so engen Umgang hatten? Und habt ihr dann nicht irgendwie Scham verspürt, weil ihr vielleicht – nein, ohne vielleicht, denn angesichts meiner Schwachheit bin ich mir dessen sicher – zu jenen gehört hättet, die sich aus dem Staub gemacht haben, schmählich geflohen und beim Kreuz nicht an der Seite Jesu geblieben sind?
»… quem multi reges voluerunt videre et non viderunt, audire et non audierunt; non solum videre et audire, sed portare, deosculari, vestire et custodire!« Ich kann Folgendes vor euch nicht verheimlichen: Manchmal, wenn ich allein bin und mein Elend spüre, dann nehme ich eine Figur des Jesuskindes in meine Arme, küsse es und wiege es … Ich schäme mich nicht, euch das zu sagen. Wenn wir Jesus in unseren Armen trügen, was würden wir tun? Habt ihr kleine Geschwister, wesentlich kleinere? Ich schon. Ich habe meinen Bruder in meine Arme genommen und habe ihn gewiegt. Was hätte ich mit Jesus getan?
»Ora pro nobis, beate Ioseph!«(b) Natürlich müssen wir so sprechen! »Ut digni efficiamini promissionibus Christi.« Heiliger Josef, lehre uns, deinen Sohn zu lieben, unseren Erlöser, den Gottmenschen! Bitte für uns, heiliger Josef!
Meine Kinder, wir fahren fort mit der Betrachtung dieses Gebetes, das die Kirche den Priestern empfiehlt, vor der Feier des Heiligen Opfers zu beten.
»Deus, qui dedisti nobis regale sacerdotium …«(c) Für alle Christen gibt es dieses königliche Priestertum, besonders für jene, die Gott in sein Werk gerufen hat: Wir haben alle eine priesterliche Seele. »Praesta, quaesumus; ut, sicut beatus Ioseph unigenitum Filium tuum, natum ex Maria Virgine …« Seht ihr, was für ein Mann des Glaubens er ist? Seht ihr, wie er seine Braut bewundert, wie er sie eines Makels für unfähig hält, wie er in der für einen so ganz und gar aufrechten Mann schrecklichen Finsternis die Eingebungen Gottes, die göttliche Klarheit sind, aufnimmt? Wie er gehorcht! »Nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten«7, befiehlt ihm der Gottesbote. Und er tut es. Er glaubt an das Werk des Heiligen Geistes! Er glaubt an jenen Jesus, der der von den Propheten verheißene Messias ist, auf den seit Generationen und Generationen alle gehofft haben, die zum Volk Gottes gehören: die Patriarchen, die Könige …
»… ut, sicut beatus Ioseph unigenitum Filium tuum, natum ex Maria Virgine, suis manibus reverenter tractare meruit et portare …« Meine Kinder, wir alle – Laien wie Priester – tragen Gott, tragen Jesus in unserer Seele, im Zentrum unseres ganzen Lebens, zusammen mit dem Vater und mit dem Heiligen Geist, so dass alle unsere Handlungen übernatürlichen Wert erhalten. Wir berühren Ihn mit den Händen – so oft!
»… suis manibus reverenter tractare meruit et portare …« Wir verdienen das nicht. Nur aufgrund seines Erbarmens, nur aufgrund seiner Güte, nur aufgrund seiner unendlichen Liebe tragen wir Ihn mit uns, sind wir Christusträger.
»… ita nos facias cum cordis munditia …«(d) Genau so will Er uns haben: rein im Herzen. »Et operis innocentia« – die Unschuld der Werke ist die Lauterkeit der Absicht – »tuis sanctis altaribus deservire«. Ihm nicht nur am Altar dienen, sondern auf der ganzen Welt, die für uns Altar ist. Alle Werke der Menschen vollziehen sich gleichsam auf einem Altar. Jeder von euch feiert in der Einheit kontemplativer Seelen – das ist euer Tag – in gewisser Weise seine Messe, die vierundzwanzig Stunden dauert, in Erwartung der nächsten Messe, die wiederum vierundzwanzig Stunden dauert – und so bis zum Ende unseres Lebens.
»… Ut Sacrosanctum Filii tui corpus et sanguinem hodie digne sumamus, et in futuro saeculo praemium habere mereamur aeternum.«(e) Meine Kinder, die Lehren Josefs sind Lehren eines Vaters, wunderbare Lehren. Vielleicht werdet ihr wie ich, der ich es aufgrund meiner traurigen Erfahrung tue, ausrufen: ich kann nichts, ich habe nichts, ich bin nichts. Aber ich bin ein Sohn Gottes, und der Herr kündigt uns durch den Psalmisten an, dass Er uns mit liebevollen Segnungen erfüllt: »praevenisti eum in benedictionibus dulcedinis«8, dass Er uns im Voraus unseren Weg bereitet, indem Er uns immer mehr auf den Wegen Jesu, Mariens und Josefs Fuß fassen lässt. Es ist der allgemeine Weg des Werkes und auf ihm der Pfad für jeden einzelnen.
Wenn ihr treu seid, Kinder, wird man von euch sagen können, was die Liturgie von Josef, dem heiligen Patriarchen, bestätigt: »posuisti in capite eius coronam de lapide pretioso«9. Wie traurig macht es mich, wenn ich Heiligenbilder ohne Heiligenschein sehe! Man hat mir zwei kleine Statuen der heiligen Katharina geschenkt, was mich bewegt hat. Ich nenne sie meine Freundin mit der losen Zunge, mit dem Wissen Gottes, voll Aufrichtigkeit. Sofort habe ich gesagt, dass man an ihnen einen Heiligenschein anbringen soll; eine Krone, die nicht de lapide pretioso sein wird, aber den Anschein, aus gutem Gold zu sein, haben wird – nur den Anschein, wie die Menschen.
Seht, wie sich Josef gegenüber Maria und Jesus verhält, um dem Auftrag des Vaters, der Regung des Heiligen Geistes Folge zu leisten? Er schenkt Ihm sein ganzes Sein, er stellt Ihm sein Leben als Arbeiter zur Verfügung. Josef, der ein Geschöpf ist, ernährt den Schöpfer. Er, ein armer Handwerker, heiligt seine berufliche Arbeit. Jahrhunderte lang hatten die Christen es vergessen. Das Opus Dei ist gekommen, um daran zu erinnern. Er gibt Ihm sein Leben, er schenkt Ihm die Liebe seines Herzens und die Zärtlichkeit seiner Zuwendung, er leiht Ihm die Kraft seiner Arme, er gibt Ihm alles, was er ist und was er vermag: die gewöhnliche berufliche Arbeit, wie sie seiner Stellung entspricht.
»Beatus vir qui timet Dominum«10. Selig der Mann, der den Herrn fürchtet, selig das Geschöpf, das den Herrn liebt und vermeidet, Ihn zu enttäuschen. Das ist der timor Domini, die einzige Furcht, die ich verstehe und die ich empfinde. »Beatus vir qui timet Dominum; in mandatis eius cupit nimis«11. Selig die Seele, die dafür eifert, die sich danach sehnt, die göttlichen Anweisungen zu befolgen. Diese Unruhe bleibt immer. Wenn wir einmal schwanken, weil der Verstand nicht klar sieht oder weil unsere Leidenschaften sich wie die Vipern erheben, dann ist der Augenblick gekommen, um zu sagen: Mein Gott, ich möchte Dir dienen, ich will Dir dienen, es hungert mich danach, Dich zu lieben mit der ganzen Reinheit meines Herzens!
Was wird uns dann fehlen? Nichts! »Gloria et divitiae erunt in domo eius«12. Wir suchen keine irdische Glorie. Es wird also die Glorie des Himmels sein. Alle Mittel – denn das sind die Reichtümer der Erde – müssen uns dazu dienen, uns zu heiligen, die Arbeit zu heiligen und die anderen mit der Arbeit zu heiligen. Und in unserem Herzen wird immer eine tiefe Gelassenheit herrschen. »Et iustitia eius«, die Gerechtigkeit Gottes, die Logik Gottes, »manet in saeculum saeculi«13, wird in alle Ewigkeit bleiben, wenn wir sie nicht durch die Sünde aus unserem Leben hinaustreiben. Diese Gerechtigkeit Gottes, diese Heiligkeit, die Er in unsere Seele gelegt hat, verlangt immer mit Freude und Frieden einen persönlichen inneren Kampf, der keinen Lärm macht, kein Aufsehen erregt. Es ist etwas ganz Intensives, ganz Persönliches, das nicht verlorengeht, es sei denn, wir zerbrechen es wie einen Tonkrug. Um ihn wieder zu reparieren, gibt es die Normen, gibt es die Beichte und das brüderliche Gespräch mit dem Leiter. Von neuem stellen sich der Friede und die Freude ein! Und danach spüren wir ein noch größeres Verlangen, die Gebote des Herrn zu erfüllen und einen größeren und echten Eifer, Gott und um seinetwillen allen Geschöpfen zu dienen!
Bittet um Verzeihung, Kinder, für diese Verwirrung, für diese Schändlichkeiten, die innerhalb der Kirche und von oben her begünstigt werden und die Seelen verderben fast von Kindheit an. Wenn wir nicht so handeln, nicht diesen Weg der Buße und der Wiedergutmachung beschreiten, werden wir nichts erreichen.
Wir sind wenige angesichts einer solchen Menge? Wir sind voller Erbärmlichkeiten und Schwächen? Menschlich gesehen vermögen wir nichts? – Betrachtet mit mir die Worte des heiligen Paulus: »Was töricht ist vor der Welt, wählte Gott aus, um die Weisen zu beschämen; und was schwach ist vor der Welt, wählte Gott aus, um das Starke zu beschämen; was niedrig ist vor der Welt und verachtet, wählte Gott aus; das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zunichte zu machen, damit niemand sich rühme vor Gott.«3
Trotz unseres Elends und unserer Irrtümer hat uns der Herr als seine Werkzeuge in diesen so schwierigen Zeiten der Geschichte der Kirche erwählt. Kinder, wir dürfen uns nicht hinter der persönlichen Bedeutungslosigkeit verschanzen. Wir dürfen das empfangene Talent nicht vergraben.4 Wir können nicht so tun, als gingen uns die Beleidigungen Gottes nichts an und als kümmerte uns das Böse nicht, das den Seelen angetan wird. »Ihr aber sollt das im Voraus wissen und achtgeben, dass ihr euch nicht von dem Irrtum der Gottesverächter mitreißen lasst, euren Halt verliert und zu Fall kommt.«5
Wir haben jeder in seinem Stand und alle mit der gleichen Berufung auf die göttliche Aufforderung mit einem Ja geantwortet, um Gott und der Kirche zu dienen und Seelen zu retten. Mehr als andere haben wir daher die Pflicht und das Recht, wachsam zu sein. Wir tragen mehr Verantwortung, um mit Starkmut zu leben; und wir haben auch mehr Gnade.
Habt ihr gesehen, wie aktuell die Worte der Lesung des ersten Fastensonntags sind? »Wir ermahnen euch, dass ihr nicht vergeblich die Gnade Gottes empfangt. Denn Er spricht: Zur Zeit der Gnade habe ich dich erhört, am Tag des Heils habe ich dir geholfen. Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des Heils. Geben wir niemand irgendwie Anstoß, damit nicht unser Amt in Verruf komme. Erweisen wir uns vielmehr in allen Stücken als Diener Gottes.«6
Ich hoffe, dass in diesen Weihnachtstagen alle meine Töchter und Söhne sich fest vornehmen, demütiger zu sein. Ich kenne euch und ich höre gleichsam schon eure Freude, wenn ihr aufrichtig zugebt, dass ihr nicht die Früchte bringt, die ihr bringen müsstet. Denn ihr werdet euch aufmachen, um euch wirklich beschämt dem Stall von Bethlehem zu nähern, und ihr werdet das Kind für euch und für mich und für viele, viele Menschen um Verzeihung bitten, die jetzt wie der unfruchtbare Feigenbaum sind, beladen mit Blättern, mit äußerem Schein. Und wenn euch der Herr gestattet zu sehen, dass Er sich eurer bedienen möchte, sich eurer schon jetzt oder seit Jahren oder sogar schon seit langer Zeit bedient: in gratiarum semper actione maneamus! Brecht aus in Danksagung zu Gott, unserem Herrn, weil Er uns als seine Werkzeuge ausgesucht hat. Aber dankt Ihm aufrichtig, denn sonst bleibt man nur ein laubreicher Baum, voller Blätter und vielleicht voller Früchte, die aber eitel sind, leer und leichtgewichtig, denn ihretwegen beugen sich die Zweige nicht. Die reifen Früchte mit saftigem, süßem und wohlschmeckendem Fleisch bewirken, dass sich die Zweige des Baumes voll Demut niederneigen.
Mit Danksagungsakten und mit dem Vorsatz, demütiger zu sein, wollen wir uns der Krippe und dem Tabernakel nähern. Jesus wartet auf uns. Sagt Ihm von Herzen Worte der Zuneigung. Erzählt Ihm von euren Schwächen – ich erzähle Ihm von den meinen –, und manchmal wollen wir auch anerkennen, ohne zu gackern, dass wir in der Tat diese oder jene Arbeit ausgeführt haben, dass wir uns angestrengt haben mit viel Freude und mit seiner Gnade, die Er uns durch die Hände seiner heiligsten Mutter, die auch unsere Mutter ist, sendet, denn ohne seine Hilfe vermögen wir nichts.
Das ist die Einstellung, die jene, die mit Seelen arbeiten, mindestens haben sollen. Das Werkzeug behält nie die Früchte. Wenn es etwas Köstliches in unserem Leben gibt, wenn etwas dem Herrn zusagt, wenn es etwas gibt, das bewirkt, dass andere Seelen gerettet werden und wir einen Weg der Liebe gehen, dann verdanken wir das alles Gott, diesem Herrn, der ein Kind hat werden wollen.
Noch ein Wort zum Schluss. Betet weiterhin viel für die Kirche! Liebt die Kirche und den Papst aus ganzer Seele. Vereint euch immer stärker mit den Anliegen meiner Messe, damit wir alle, in Einheit mit Maria, unter dem väterlichen Schutz des heiligen Josef, in ständiger Danksagung gegenüber der Heiligsten Dreifaltigkeit leben, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist.
Heute Nacht habe ich an vieles gedacht, was sich vor Jahren ereignet hat. Sicher, ich sage immer, dass ich jung bin, und es ist wahr: »Ad Deum qui laetificat iuventutem meam!«1 Ich bin jung mit der Jugend Gottes. Aber es sind viele Jahre vergangen. Ich habe das diesen Morgen im Gebet euren Brüdern vom Generalrat erzählt.
Der Herr hat mich erkennen lassen, wie Er mich immer an der Hand geführt hat. Ich war vierzehn oder fünfzehn Jahre alt, als ich die Liebe zu ahnen und wahrzunehmen begann, dass mein Herz nach etwas Großem verlangte, und dass es die Liebe war. Ich sah klar, dass Gott etwas wollte, aber ich wusste nicht, was es war. Deshalb sprach ich mit meinem Vater und sagte ihm, ich wolle Priester werden. Er hatte damit nicht gerechnet. Es war das einzige Mal – ich habe euch das schon bei anderen Gelegenheiten erzählt –, dass ich Tränen in seinen Augen sah. Er antwortete mir: Schau, mein Sohn, wenn du kein heiligmäßiger Priester sein wirst, wozu willst du dann einer werden? Aber ich werde mich deinem Wunsch nicht widersetzen. Und er brachte mich zu einem Gespräch mit einem Freund von ihm, der mir weiterhelfen sollte.
Ich wusste nicht, was Gott von mir wollte, aber es war offensichtlich eine Erwählung. Dann würde schon kommen, was immer es auch sei … Gleichzeitig begriff ich, dass ich nicht taugte. So stellte ich folgende Litanei zusammen, die nicht Ausdruck einer falschen Demut, sondern der Selbsterkenntnis ist: Ich tauge nichts, ich habe nichts, ich kann nichts, ich bin nichts, ich weiß nichts … So oft habe ich das immer wieder für euch niedergeschrieben. Viele von diesen Dingen findet ihr gedruckt.
Im heutigen Gebet hat Paco Vives aus einem der Bände der Betrachtungen vorgelesen, die wir laufend verwenden und die mit ein paar kleinen stilistischen Verbesserungen großartig sind. Und ich dankte Gott dafür, dass wir dieses Instrument haben, und sah so vieles. Ich sah den Weg, den wir zurückgelegt haben, und die Art und Weise, wie wir ihn zurückgelegt haben, und ich staunte. Denn in der Tat hat sich einmal mehr erfüllt, was die Schrift sagt: Das Törichte, das Untaugliche, das, was – so kann man sagen – fast überhaupt nicht existiert … das alles nimmt der Herr und stellt es in seinen Dienst. So hat Er mich, jenes Geschöpf, zu seinem Werkzeug gemacht. Ich habe überhaupt keinen Anlass für Hochmut.
Gott hat mich alle Demütigungen durchmachen lassen, hat mich erleben lassen, was mir wie Schande vorkam, ich jetzt aber als die vielen Tugenden meiner Eltern erkenne. Ich sage das frohen Herzens. Der Herr musste mich vorbereiten. Und weil das, was rings um mich war, mir am meisten wehtat, schlug er dort zu. Es waren Demütigungen aller Art, die aber zugleich mit christlicher Beherrschung getragen wurden. So sehe ich es jetzt, und jeden Tag mit mehr Klarheit, mit mehr Dankbarkeit dem Herrn, meinen Eltern, meiner Schwester Carmen gegenüber … Die Geschichte meines Bruders Santiago habe ich euch schon erzählt. Auch sie ist mit dem Werk verbunden. Verzeiht mir, dass ich davon spreche.
Spr 8, 31.
Ps 49, 10-12.
Joh 6, 8-9.
Joh 6, 10.
Joh 6, 7.
Joh 6, 10.
(a) So nannte der heilige Josemaría Bilder, Spruchtafeln oder ähnliches, das den Betrachter an die Gegenwart Gottes erinnern soll.
Vgl. Eph 1, 4: Er hat uns erwählt vor der Erschaffung der Welt, damit wir heilig leben vor Gott.
Lk 12, 49.
1 Sam 3, 9.
(a) »O felicem virum … vestire et custodire!«: Heiliger Josef, glücklicher Mann, dem es nicht nur gegeben war, Gott zu sehen und zu hören, den viele Könige sehen wollten und nicht sahen, hören wollten und nicht hörten, sondern auch Ihn in deinen Armen zu tragen, Ihn zu küssen, Ihn zu kleiden und Ihn zu beschützen.
(b) »Ora pro nobis … promissionibus Christi«: Bitte für uns, heiliger Josef, damit wir würdig werden der Verheißungen Christi.
(c) »Deus, qui dedisti … et portare …«: O Gott, der Du uns das königliche Priestertum gegeben hast, wir bitten Dich: Wie der heilige Josef für würdig befunden wurde, Deinen eingeborenen Sohn, geboren von der Jungfrau Maria, mit seinen Händen zu berühren und in seinen Armen zu tragen …
Mt 2, 13.
(d) »… ita nos facias … deservire«: so mache uns durch die Reinheit des Herzens und die Tadellosigkeit des Lebens würdig, an Deinem heiligen Altar zu dienen.
(e) »Ut Sacrosanctum … aeternum«: Damit wir heute würdig den heiligsten Leib und das heiligste Blut Deines Sohnes genießen und in der kommenden Welt die ewige Belohnung zu empfangen verdienen.
Ps 20, 4: Du kamst ihm entgegen mit Segen und Glück.
Ebd.: Du kröntest ihn mit einer goldenen Krone.
Ps 111, 1.
Ebd.: Wohl dem Mann, der den Herrn fürchtet und ehrt und sich herzlich freut an seinen Geboten.
Ps 111., 3: Wohlstand und Reichtum füllen sein Haus.
Ebd.
Text gedruckt bei https://escriva.org/de/book-subject/en-dialogo-con-el-se%C3%B1or/10507/ (25.11.2025)