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Meine Töchter und Söhne, euer Vater möchte euch aufs Neue sein Herz öffnen: Wir müssen weiter beten, mit Vertrauen, was die erste Voraussetzung für ein gutes Gebet ist, und in der Sicherheit, dass der Herr uns erhört. Seht, der Herr selbst sagt uns jetzt am Beginn der Fastenzeit: »Invocabit me, et ego exaudiam eum: eripiam eum, et glorificabo eum.«1 Ihr werdet zu mir rufen, und ich werde euch erhören; ich werde euch befreien und euch verherrlichen.
Aber wir müssen beten mit dem Wunsch wiedergutzumachen. Es gibt vieles zu sühnen, außer- und innerhalb der Kirche Gottes. Wählt euch ein paar Worte aus, formt ein persönliches Stoßgebet, wiederholt es täglich viele Male und bittet den Herrn um Verzeihung: zuerst für unsere persönliche Schwäche und dann für die vielen Verbrechen, die gegen seinen heiligen Namen begangen werden, gegen seine Sakramente, gegen seine Lehre. »Nun aber höre, Du unser Gott, auf das Gebet Deines Dieners und auf sein Flehen und lass Dein Antlitz leuchten über Dein verwüstetes Heiligtum um Deiner selbst willen, o Herr! Neige, mein Gott, Dein Ohr und höre, öffne Deine Augen und blicke auf die Verwüstungen bei uns und auf die Stadt, über die Dein Name ausgerufen wird. Denn nicht im Vertrauen auf unsere Verdienste legen wir unsere flehentlichen Bitten Dir vor, sondern im Vertrauen auf Deine große Barmherzigkeit.«2
Bittet um Verzeihung, Kinder, für diese Verwirrung, für diese Schändlichkeiten, die innerhalb der Kirche und von oben her begünstigt werden und die Seelen verderben fast von Kindheit an. Wenn wir nicht so handeln, nicht diesen Weg der Buße und der Wiedergutmachung beschreiten, werden wir nichts erreichen.
Wir sind wenige angesichts einer solchen Menge? Wir sind voller Erbärmlichkeiten und Schwächen? Menschlich gesehen vermögen wir nichts? – Betrachtet mit mir die Worte des heiligen Paulus: »Was töricht ist vor der Welt, wählte Gott aus, um die Weisen zu beschämen; und was schwach ist vor der Welt, wählte Gott aus, um das Starke zu beschämen; was niedrig ist vor der Welt und verachtet, wählte Gott aus; das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zunichte zu machen, damit niemand sich rühme vor Gott.«3
Trotz unseres Elends und unserer Irrtümer hat uns der Herr als seine Werkzeuge in diesen so schwierigen Zeiten der Geschichte der Kirche erwählt. Kinder, wir dürfen uns nicht hinter der persönlichen Bedeutungslosigkeit verschanzen. Wir dürfen das empfangene Talent nicht vergraben.4 Wir können nicht so tun, als gingen uns die Beleidigungen Gottes nichts an und als kümmerte uns das Böse nicht, das den Seelen angetan wird. »Ihr aber sollt das im Voraus wissen und achtgeben, dass ihr euch nicht von dem Irrtum der Gottesverächter mitreißen lasst, euren Halt verliert und zu Fall kommt.«5
Wir haben jeder in seinem Stand und alle mit der gleichen Berufung auf die göttliche Aufforderung mit einem Ja geantwortet, um Gott und der Kirche zu dienen und Seelen zu retten. Mehr als andere haben wir daher die Pflicht und das Recht, wachsam zu sein. Wir tragen mehr Verantwortung, um mit Starkmut zu leben; und wir haben auch mehr Gnade.
Habt ihr gesehen, wie aktuell die Worte der Lesung des ersten Fastensonntags sind? »Wir ermahnen euch, dass ihr nicht vergeblich die Gnade Gottes empfangt. Denn Er spricht: Zur Zeit der Gnade habe ich dich erhört, am Tag des Heils habe ich dir geholfen. Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des Heils. Geben wir niemand irgendwie Anstoß, damit nicht unser Amt in Verruf komme. Erweisen wir uns vielmehr in allen Stücken als Diener Gottes.«6
Was werdet ihr tun, wenn ihr seht – denn das merkt man –, dass einer eurer Brüder nachlässt und nicht kämpft? Ihm beistehen natürlich, ihm helfen! Wenn ihr merkt, dass es ihm schwerfällt, den Rosenkranz zu beten, warum sollt ihr ihn nicht einladen, ihn zusammen mit euch zu beten? Wenn ihm die Pünktlichkeit schwerfällt: Hörst du? In fünf Minuten beginnt das Gebet oder das Beisammensein. Wozu gibt es die brüderliche Zurechtweisung? Wozu dient das persönliche Gespräch, das wir zu Hause haben? Wenn ihm jemand ausweicht, genauso wie wenn es jemand zu sehr ausdehnt – Achtung!
Und die Beichte? Unterlasst sie nie, wenn sie fällig ist, und beichtet immer, wenn ihr es braucht, meine Töchter und Söhne. Ihr habt die Freiheit, zu beichten bei wem ihr wollt, aber es wäre eine Torheit, dass ihr euch Händen anvertraut, die sich vielleicht schämen, gesalbt zu sein. Darauf wäre kein Verlass!
Alle diese geistlichen Mittel, die uns durch unsere gegenseitige Zuneigung leichtgemacht werden, sind dazu da, uns zu helfen, von Neuem zu beginnen. Sie sind dazu da, dass wir wieder damit anfangen, Zuflucht zur Gegenwart Gottes zu nehmen – durch die Frömmigkeit, die kleinen Abtötungen, die Sorge für die anderen. Das ist es, was uns stark, gelassen und siegreich macht.
Jetzt müssen wir mehr denn je im Gebet und in der Sorge vereint sein, die trüben Wasser, die die Kirche überfluten, aufzuhalten und zu reinigen. »Possumus!«17 Wir können in dieser Schlacht siegen, auch wenn die Schwierigkeiten groß sind. Gott rechnet mit uns. »Deshalb seid ihr voll Freude, obwohl ihr jetzt vielleicht kurze Zeit unter mancherlei Prüfungen leiden müsst. Dadurch soll sich euer Glaube bewähren, und es wird sich zeigen, dass er wertvoller ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde und doch vergänglich ist. So wird eurem Glauben Lob, Herrlichkeit und Ehre zuteil bei der Offenbarung Jesu Christi.«18
Die Situation ist ernst, meine Töchter und Söhne. Die ganze Kriegsfront ist bedroht. Es darf nicht sein, dass sie wegen einem von uns durchbrochen wird. Das Übel – ich höre nicht auf, euch darauf hinzuweisen – kommt von innen und von hoch oben. Es gibt eine wirkliche Fäulnis, und manchmal scheint es, als wäre der mystische Leib Christi ein in Verwesung begriffener Kadaver, der übel riecht. Wie viele Beleidigungen Gottes! Wir, die wir genauso zerbrechlich, ja zerbrechlicher als die anderen, aber eine Liebesbindung eingegangen sind – ich habe davon schon gesprochen –, müssen unser Dasein jetzt irgendwie als Wiedergutmachung verstehen. Cor Iesu Sacratissimum et Misericors, dona nobis pacem!
Kinder, ihr habt ein großes und junges Herz, ein brennendes Herz. Spürt ihr nicht die Notwendigkeit, Sühne zu leisten? Führt die Seele über diesen Weg: den Weg des Lobes Gottes, indem jeder darauf achtet, wo er fest und zäh sein soll, und den Weg der Wiedergutmachung, indem er liebt, wo ein Vakuum entstanden ist, ein Mangel an Treue bei anderen Christen.
»De profundis … Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir! Höre, Herr, meine Stimme! Dein Ohr möge achten auf mein flehentliches Rufen! Wolltest Du, Herr, auf die Sünden achten, Herr, wer könnte da bestehen?«19 Bitten wir Gott, dass dieses Bluten seiner Kirche aufhört, dass die Wasser in ihr Bett zurückkehren. Sagt Ihm, Er möge nicht auf die Wahnsinnstaten der Menschen achten, sondern seine Milde und seine Macht zeigen.
Es darf uns nicht Traurigkeit überkommen. Wir sind Optimisten, auch weil der Geist des Opus Dei optimistisch ist. Aber wir leben nicht auf dem Mond. Wir leben in der Realität, und die Realität ist bitter.
All dieser Verrat an der Person, der Lehre und den Sakramenten Christi und auch an seiner reinsten Mutter … wirkt wie Rache: wie die Rache eines erbärmlichen Geistes gegen die Liebe Gottes, gegen seine großzügige Liebe, gegen die Hingabe Jesu Christi – dieses Gottes, der sich erniedrigte und Mensch wurde, der sich mit Nägeln ans Holz schlagen ließ, obwohl Er der Nägel nicht bedurfte, denn, um fest am Kreuz zu hängen, genügte Ihm seine Liebe zu uns; und der bei uns im Sakrament des Altares geblieben ist.
Klarheit mit Dunkelheit – so haben wir Ihm vergolten. Großzügigkeit mit Egoismus – so haben wir Ihm vergolten. Liebe mit Lauheit und Gleichgültigkeit – so haben wir Ihm vergolten. Meine Töchter und Söhne, schämt euch nicht, unser ständiges Elend zu sehen. Aber bitten wir um Verzeihung: »Verschone, Herr, Dein Volk und gib Dein Erbe nicht der Schmach preis, so dass Heiden darüber herrschen.«20
Jeden Tag erkenne ich diese Wirklichkeiten deutlicher. Und jeden Tag suche ich mehr durch Wiedergutmachung und Sühne die Nähe Gottes. Führen wir Ihm die vielen Seelen vor Augen, die verlorengehen und die nicht hätten verlorengehen müssen, wenn man sie nicht der Gelegenheit ausgesetzt hätte; die Seelen, die den Glauben aufgegeben haben, weil heute für jederlei Unwahrheit und Häresie straflos Propaganda gemacht werden kann; die Seelen, denen durch so viel Abfall und Bosheit Ärgernis gegeben wurde; die Seelen, denen die Hilfe der Sakramente und der guten Lehre versagt wurde.
Unter den Besuchern, die ich empfange, gibt es viele, die sich beklagen, die die Tragödie erfassen und erkennen, dass es unmöglich ist, durch den Einsatz menschlicher Mittel das Übel zu beheben. Allen sage ich: Bete, bete, bete und tu Buße. Ich kann ihnen nicht zum Ungehorsam raten, wohl aber zum passiven Widerstand, damit sie mit jenen, die zerstören, nicht zusammenarbeiten, ihnen Schwierigkeiten bereiten, sich persönlich verteidigen. Und besser noch ist der aktive Widerstand, das innere Leben zu pflegen, diese Quelle der Wiedergutmachung und des flehenden Gebetes.
Du, Herr, hast gesagt, dass wir rufen sollen: »Clama, ne cesses!«21 Auf der ganzen Welt erfüllen wir Deine Wünsche und bitten Dich um Verzeihung, denn inmitten unserer Erbärmlichkeiten hast Du uns den Glauben und die Liebe geschenkt. »Ich erhebe meine Augen zu Dir, der Du thronst im Himmel. Wie die Augen der Knechte auf die Hand ihres Herrn und wie die Augen der Magd auf die Hände der Herrin, so blicken unsere Augen zum Herrn, unserem Gott, damit Er sich unser erbarmt.«22
Bittet den Herrn auf die Fürsprache der heiligen Maria und des heiligen Josef, dass Er in uns den Geist der Sühne vermehrt, dass unsere Sünden uns schmerzen und wir es verstehen, unsere Zuflucht zum Sakrament der Buße zu nehmen. Kinder, hört auf euren Vater: Es gibt keinen besseren Akt der Reue und der Genugtuung als eine gute Beichte. Dort empfangen wir die Stärke, die wir brauchen, um zu kämpfen, obwohl unsere armen Füße aus Ton sind. »Non est opus valentibus medicus, sed male habentibus«23, der Arzt ist nicht für die Gesunden da, sondern für die Kranken.
»Denn Fleisch geworden ist das Wort, und in diesem Geheimnis erstrahlt den Augen unseres Geistes das neue Licht Deiner Herrlichkeit. Indem wir Gott sichtbar anschauen, sollen wir durch Ihn für die Liebe zu den unsichtbaren Dingen entflammt werden.«7 Wir alle sollen Ihn mit Liebe anschauen. In meiner Heimat sagt man manchmal: Wie sie ihn anschaut! Wie eine Mutter das Kind in ihren Armen, wie ein junger Mann seine Verlobte, wie eine Ehefrau ihren Mann – mit edler und reiner menschlicher Regung. Und so wollen wir Ihn anschauen. Wir wollen die Herabkunft des Erlösers von neuem erleben. Und wir beginnen bei seiner Mutter, der immerwährenden und ganz reinen Jungfrau. Wir fühlen die Notwendigkeit, sie zu loben und ihr immer wieder unsere Liebe zu bezeigen, denn noch nie wurden so viele Albernheiten und so viele Abscheulichkeiten über die Mutter Gottes verbreitet wie heute, und zwar von jenen, die sie verteidigen und preisen sollten.
Die Kirche ist rein, sauber, ohne Makel. Sie ist die Braut Christi. Doch es gibt einige, die in ihrem Namen beim Volk Anstoß erregen. Sie haben viele Menschen getäuscht, die unter anderen Umständen treu geblieben wären. Dieses schutzlose Kind umarmt euch, damit ihr Es an euer Herz drückt und Ihm den festen Vorsatz schenkt, gelassen, stark und froh Sühne zu leisten.
Ich habe es vor euch nicht verheimlicht. Man hat in diesen letzten zehn Jahren alle Sakramente angegriffen, eines nach dem anderen. Ganz besonders das Bußsakrament, und auf hinterhältigste Weise das Allerheiligste Sakrament des Altares, das Messopfer. Das Herz eines jeden von uns muss beben und mit dieser Wallung des Blutes dem Herrn Genugtuung leisten, so wie ihr eure Mutter zu trösten wüsstet – eine Person, die ihr zärtlich liebt. »Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott. Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren.«8
Wir haben begonnen, die heilige Jungfrau Maria zu loben und ihr Sühne zu leisten, und sogleich bekunden wir dem heiligen Josef, dem Patriarchen, unsere große Liebe. Ich nenne ihn meinen Vater und Herrn, und ich liebe ihn sehr. Auch ihr müsst ihn sehr lieben, sonst wäret ihre keine guten Kinder von mir. Er war ein junger Mann, ganz rein und stark, den Gott selbst als Beschützer für sich und seine Mutter erwählt hat.
So versetzen wir uns in den Stall von Bethlehem: mit Josef, Maria und Jesus. »Dein Herz wird erbeben und sich weiten.«9 In der Vertrautheit dieser Familie wende ich mich an den heiligen Josef und hänge mich an seinen mächtigen und starken Arm, den Arm eines Arbeiters. Von ihm geht die Anziehungskraft des Reinen und Rechtschaffenen aus, des Vergöttlichten, das zugleich sehr menschlich ist. Auf seinen Arm gestützt, bitte ich ihn, mich zu seiner heiligen, makellosen Gattin zu führen, zur heiligen Maria. Denn sie ist meine Mutter, und so habe ich ein Recht darauf. So ist es. Die beiden werden mich dann zu Jesus führen.
Meine Töchter und Söhne, das alles ist kein Theater. Wir handeln viele Male in unserem Leben so, wenn wir eine Familie neu kennenlernen. Es ist die aufs Übernatürliche angewandte menschliche Art, die Familie von Nazareth kennenzulernen und mit ihr vertraut zu werden.
1 Kor 1, 27-29.
Vgl. Lk 19, 20.
2 Petr 3, 17.
2 Kor 6, 1-4.
Ps 129, 1-3.
Joël 2, 17.
Jes 58, 1.
Ps 122, 1-2.
Mt 9, 12.
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