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Aber kehren wir zum Evangelium zurück. Es ist interessant festzustellen, wie zu wiederholten Malen zwischen den Aposteln, den Jüngern und der Menge unterschieden wird; und sogar unter den Aposteln zwischen einer Gruppe von ihnen – den drei Bevorzugten – und den übrigen. Auch in diesem Punkt, so scheint mir, hat unser Werk einen tiefen Gleichklang mit dem Evangelium. Wir sind für die Menge da, aber in unserer Nähe gibt es unzählige Freunde und Kollegen, die unmittelbar vom Geist des Opus Dei berührt werden. Der Herr stellt uns wie die Jünger auf einen hohen Berg, und zwar so, dass uns die Menge sieht. Das gleiche geschieht mit euch: Aufgrund des Amtes, das ihr jetzt innehabt, steht ihr – obwohl wir im Werk alle gleich sind – mehr im Blickfeld eurer Brüder. Vergesst das nicht, und verliert mir dieses Verantwortungsbewusstsein nie aus den Augen.
»Ostern, das große Fest der Juden, war nahe. Als Jesus aufblickte und die riesige Menschenmenge sah …«5 Achtet, ich betone es, auf diese Menge. Der Herr richtet die Augen und das Herz auf die Leute, auf alle Menschen ohne irgendeine Ausnahme. Der Hinweis entgeht uns nicht, dass wir den Menschen gegenüber nicht unnachgiebig sein dürfen, der Lehre gegenüber schon, aber den Menschen gegenüber nie, nie! Wenn wir so handeln, werden wir – weil es unsere Berufung ist – notwendigerweise Salz und Licht sein, aber mitten in der Menge. Hin und wieder werden wir ins Boot steigen oder uns mit Jesus abseits auf einen Berg zurückziehen; aber das Normale wird sein, dass wir unter den Leuten leben und arbeiten.
Dann fragte Jesus Philippus: »Wo sollen wir Brot kaufen, um allen diesen Leuten zu essen zu geben? Das sagte Er aber, um ihn auf die Probe zu stellen, denn Er selbst wusste, was Er tun wollte.«6 Oftmals habe ich im Laufe der Geschichte des Werkes gedacht, dass der Herr die Dinge von Ewigkeit her vorgesehen hat, uns andererseits aber völlige Freiheit lässt. Gelegentlich scheint es, dass der Herr uns versucht und unseren Glauben auf die Probe stellen möchte. Aber Jesus Christus lässt uns nicht im Stich. Wenn wir beharrlich bleiben, ist Er bereit, Wunder zu wirken, Brote zu vermehren, Willen zu wandeln, den finstersten Geistern Licht zu schenken und durch eine außerordentliche Gnade zu bewirken, dass jene zur Rechtschaffenheit fähig werden, die es vielleicht niemals waren.
Meine Kinder, welches Vertrauen der Herr zu uns hat! Das soll der zweite Punkt unserer Betrachtung sein. Ich wollte, dass ihr zuerst betrachtet, dass wir im Werk sind, bei Christus, nicht um uns zu isolieren, sondern im Gegenteil, um uns der Menge zu widmen; zuerst euren Brüdern und dann den anderen. Und dann, dass wir nicht unruhig werden dürfen, wenn uns der Gedanke an eine Not, die kommen kann, bedrängt, denn der Herr wird uns zu Hilfe kommen. Wenn wir einmal dieses tentans eum – um ihn auf die Probe zu stellen – spüren, von dem das heilige Evangelium spricht, dann darf uns das keine Sorgen bereiten, bedeutet es doch, dass Gott, unser Herr, mit uns spielt. Ich bin mir sicher, dass Er über unser Elend hinwegsehen wird, denn Er kennt unsere Schwäche, Er kennt aber auch unsere Liebe, unseren Glauben und unsere Hoffnung. Das alles fasse ich mit einem Wort zusammen: Vertrauen. Aber ein Vertrauen, das, weil es auf Christus gründet, vor Gott drängendes Gebet sein muss. Es muss tief empfunden und gut aufgenommen sein, besonders wenn es durch die Hände unserer Mutter, der Mutter Gottes, zur Heiligsten Dreifaltigkeit gelangt.
Verantwortungsbewusstsein: Wir sind im Boot. Mit Christus sinkt das Boot nicht. Mit Christus! Verantwortungsbewusstsein für uns, für unser Leben, für unser Verhalten, für unser Gebet um so viele göttliche Dinge. Die Mittel werden uns nicht fehlen. Wir werden das Nötige haben, um unser Apostolat die Jahrhunderte hindurch fortzuführen, indem wir allen Nahrung geben, indem wir das Brot vermehren.
Das ist die zweite Erwägung: Verantwortungsbewusstsein. Deshalb bitten wir unseren Herrn um Verzeihung für unzählige Dummheiten, die ein jeder von uns wohl begangen hat. Wir bitten um Verzeihung, beseelt vom wirksamen Wunsch, uns zu bessern. Und wir sagen voll Glauben Dank – in der Gewissheit, dass, was immer auch geschieht, die Frucht am Ende reifen wird. Verantwortungsbewusstsein und ein großes Vertrauen auf den Herrn, der unser allmächtiger Vater ist, die Weisheit, die Liebe … Und jetzt schweige ich. Fahr du ein paar Minuten lang mit deinem Gebet alleine fort.
Text gedruckt bei https://escriva.org/de/en-dialogo-con-el-se%C3%B1or/21/ (20.11.2025)