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Immer wieder habe ich euch gesagt, meine Kinder – und ihr habt es ebensooft wiederholt –, dass Gott, unser Herr, in seiner überaus liebevollen Vorsehung und seiner Zuneigung zu den Menschen – »deliciae meae esse cum filiis hominum«7, seine Wonne ist es, bei den Menschenkindern zu sein – uns irgendwie als Miterlöser haben wollte. Um uns zu helfen, diese herrliche Wirklichkeit zu begreifen, lässt Er deshalb den Evangelisten dieses Wunder bis ins Detail erzählen. Er konnte das Brot herbeiholen, woher Er nur wollte, »denn mir gehört alles Getier des Waldes, das Wild auf den Bergen zu Tausenden. In meiner Hand sind alle Vögel des Himmels, und was auf dem Feld sich regt, ist mein eigen … mein ist die Welt und was sie erfüllt«8. Aber nein, Er sucht das Mitwirken der Menschen.

»Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu Ihm: Hier ist ein Knabe, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; allein was ist das für so viele?«9 Er braucht die Mitwirkung eines Jungen, er nimmt ein paar Stücke Brot und einige Fische, dich und mich hat Er nötig, mein Sohn – und dabei ist Er Gott! Das führt uns dazu, mit unserer Antwort großzügig zu sein. Keinen von uns hat Er für irgend etwas nötig, und gleichzeitig braucht Er uns alle. Wie wunderbar das ist! Das wenige, das wir sind, erbittet Er von uns, unseren geringen Wert, unsere paar Talente – wir dürfen sie Ihm nicht vorenthalten. Die Fische, das Brot – alles.

Ein jeder wird sich jetzt fragen müssen: Was habe ich bisher mit meinen Sinnen getan? Was habe ich mit meinen Vermögen getan – mit dem Gedächtnis, dem Verstand, dem Willen? Allein die Betrachtung dieses Satzes könnte uns stundenlang beschäftigen. Was werden wir von nun an mit unserem ganzen Sein tun müssen? Es ist logisch, dass uns nun so vieles in den Sinn kommt, was nicht in Ordnung war und vielleicht noch nicht in Ordnung ist. Deshalb sage ich dir: Mein Sohn, hast du den Wunsch zur Korrektur, zur Läuterung, zur Abtötung, zu mehr Umgang mit dem Herrn, zu größerer Frömmigkeit, ohne Theater und äußerliches Getue, mit Natürlichkeit? Denn all das bedeutet, die Wirksamkeit des Werkes in uns und in allen Menschen zu vermehren. Wenn du dir die Zeit nimmst, dein Leben der letzten Zeit zu erforschen, wird es dir leichter fallen, meinen Überlegungen zu folgen, die ich in eurem und meinem Namen mit lauter Stimme hier anstelle.

Dann sprach Jesus: »Lasst die Leute sich lagern …«10 Die Jünger wussten, dass der Herr diesen Leuten zu essen geben wollte, aber sie hatten kein Geld: »Brot für zweihundert Denare reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll.«11 Sie hatten weder viel noch wenig Geld, und es wäre ein Riesenkapital notwendig gewesen, um jene Menschenmenge zu verköstigen. Da schafft der Herr Abhilfe: »Lasst die Leute sich lagern. Es gab an dieser Stelle viel Gras. Da setzten sie sich. Es waren etwa fünftausend Männer.«12 Fünftausend! Sie hörten die Stimme des Herrn und gehorchten alle, alle!, angefangen bei den Jüngern. Wie sieht der Gehorsam manchmal aus, da und dort … Es tut weh zu sehen, wie sie alles in Frage stellen. Sogar im Leben der Hingabe an Gott gibt es Menschen, für die alles Anlass zu Spitzfindigkeiten ist. Sie fragen sich, ob die Oberen dies oder jenes überhaupt befehlen können, ob sie da befehlen können und ob sie dort befehlen können … Im Opus Dei wissen wir: Man kann alles befehlen – mit der größten Achtung vor der persönlichen Freiheit in politischen und beruflichen Angelegenheiten –, solange es nicht eine Beleidigung Gottes ist.

Anmerkungen
7

Spr 8, 31.

8

Ps 49, 10-12.

9

Joh 6, 8-9.

10

Joh 6, 10.

11

Joh 6, 7.

12

Joh 6, 10.

Verzeichnis der Schriftstellen
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