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Unser Opus Dei ist in höchstem Maß laikal, aber Priester sind notwendig. Obwohl ich das Priestertum so liebe, wie ich es liebe, habe ich bis vor kurzem immer gelitten, wenn einer eurer Brüder geweiht wurde. Jetzt geschieht das Gegenteil, jetzt macht mich das sehr glücklich. Aber es muss ohne Zwang geschehen, mit absoluter Freiheit. Gott missfällt es nicht, wenn einer meiner Söhne nicht Priester werden möchte. Außerdem brauchen wir viele heilige und gelehrte Laien. Diejenigen, die zum Priestertum berufen werden, haben also bis zum Tag, ja bis zum Augenblick der Weihe vollständige Freiheit. Wenn einer sagt: Vater, nein, ich möchte nicht Priester werden, ist das sehr gut. Ich sage dann: Mein Sohn, Gott segne dich, du enttäuschst mich nicht.

Trotzdem brauchen wir viele Priester, die ihren Schwestern und Brüdern und diesen großartigen Berufungen, die die Diözesanpriester sind, wie Knechte voll Freude dienen. Wir brauchen sie für die Arbeit vom heiligen Rafael und vom heiligen Gabriel, um allen Mitgliedern des Werkes die Sakramente spenden zu können und um den vielen Mitarbeitern zu helfen, die, wenn wir sie bilden, wie es sein soll, sehr wirksam sein werden. Ohne Priester ist das nicht möglich.

Das Werk breitet sich auf wunderbare Weise über die Welt aus. Herr, ich bin beschämt! Nicht leicht findet man jemanden, man erinnert sich nicht an einen Fall, wo jene, die eines Deiner Werke begonnen haben, hier auf Erden so viel Wunderbares sehen durften, wie ich es sehen darf: an Ausdehnung, an Zahl, an Qualität.

Wir brauchen Priester für die Suche nach Berufungen. Denn obwohl die meiste Arbeit von den Laien geleistet wird, stößt man an die sakramentale Mauer. Wenn man sich da an Kleriker wenden müsste, die nicht unseren Geist haben, dann würde die ganze Arbeit behindert werden, weil die einen es nicht können und andere nicht wollen.

Wir brauchen Priester auch für die Leitung des Werkes: wenige, weil die Ämter in den Häusern des Werkes sowie zwei Drittel der Ämter des Generalrates und der Regionalkommissionen von meinen Kindern, die Laien sind, bekleidet werden. Die restlichen werden Priester sein, die viel arbeiten und das Wie und Wo unserer Arbeit auf der ganzen Welt kennen. Es wird der Augenblick kommen, da eure Brüder, die an vielen Orten mit der apostolischen Arbeit des Werkes beginnen, wieder in ihre Länder zurückkehren und dort bei der Leitung mitarbeiten werden. Durch ihre persönliche Heiligkeit und ihre Erfahrung werden sie die Leitung mit viel Geschick unterstützen.

Wir brauchen Priester als Werkzeuge der Einheit. Der Priester muss also ganz besonders darauf achten, dass er keine Grüppchen bildet …! Man muss sich von den Seelen lösen! Ich hatte niemand, der mich das hätte lehren können – ich hatte keinen Vater(b) wie ihr –, es war der Herr, der mich anwies, das Persönliche immer zu vermeiden, noch bevor ich wusste, was Gott von mir wollte. Manchmal riet ich den Leuten, die zu meinem Beichtstuhl kamen: Geh zu einem anderen Priester; heute höre ich deine Beichte nicht. Ich tat das, damit sie sich frei fühlen, damit sie nicht an mir kleben, damit nicht die Anhänglichkeit an ein Geschöpf das Motiv für den Empfang des Sakramentes sei, sondern es aus göttlichen, aus übernatürlichen Motiven geschieht – aus Liebe zu Gott.

Anmerkungen
(b)

(b) Im Opus Dei wird der Prälat – in der Zeit vor der Errichtung des Opus Dei als Personalprälatur der Generalpräsident – familiär Vater genannt.

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