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Die Magier sind nach Bethlehem gekommen. Die apokryphen Evangelien, die im allgemeinen fromme Beachtung, aber keinen Glauben verdienen, erzählen, wie sie ihre Gaben dem Kind zu Füßen legen, Es vorbehaltlos anbeten, obwohl sie den König, den sie gesucht haben, nicht in einem königlichen Palast finden, umgeben von zahlreicher Dienerschaft, sondern in einer Krippe, zwischen einem Ochsen und einem Esel, in Windeln gewickelt, auf den Armen seiner Mutter und des heiligen Josef, wie irgend ein Geschöpf, das gerade zur Welt gekommen ist.
Der heilige Matthäus schreibt am Schluss des Abschnitts des Evangeliums, den uns die Kirche heute lesen lässt: »Nachdem sie im Traum die Weisung erhielten, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg in ihre Heimat zurück.«5 Es sind außergewöhnliche Menschen ihrer Zeit, die im Besitz einer anerkannten Wissenschaft stehen und gleichwohl einen Traum beachten. Wiederum ist ihr Verhalten wenig logisch. Wieviel menschlich Unlogisches, das aber voll göttlicher Logik ist, gibt es auch in unserem Leben!
Meine Kinder, nähern wir uns der Gruppe, die diese Dreifaltigkeit der Erde bildet: Jesus, Maria und Josef. Ich stelle mich in einen Winkel. Ich wage es nicht, mich Jesus zu nähern, denn all mein vergangenes und gegenwärtiges Elend steht vor mir auf. Irgendwie schäme ich mich, aber ich verstehe auch, dass Jesus Christus mir einen liebevollen Blick zuwirft. Dann wende ich mich an seine Mutter und an den heiligen Josef, diesen Menschen, der Jahrhunderte hindurch ignoriert wurde und Ihm auf Erden Vater war. Und zu Jesus sage ich: Herr, ich möchte wirklich Dir gehören; dass meine Gedanken, meine Werke, mein ganzes Leben Dein sind. Aber Du siehst ja: Dieses armselige menschliche Elend hat mich so oft in die Irre gehen lassen …
Ich hätte gern vom ersten Augenblick an Dir gehört: seit dem ersten Schlag meines Herzens, seit dem ersten Augenblick, da mein Verstand sich regte. Ich bin nicht würdig – und ohne Deine Hilfe werde ich es nie sein –, Dein Bruder, Dein Sohn, Deine Liebe zu sein. Du hingegen bist sehr wohl mein Bruder und meine Liebe, und ich bin auch Dein Sohn.
Und wenn ich Christus nicht nehmen und an meine Brust drücken kann, dann mache ich mich klein. Denn das können wir, und es hat in unserem Geist Platz, es passt zur Atmosphäre unserer Familie. Ich mache mich klein und gehe zu Maria. Wenn sie ihren Sohn Jesus auf ihrem rechten Arm hält, dann werde ich, der ich auch ihr Sohn bin, dort ebenfalls einen Platz finden. Die Mutter Gottes wird mich auf ihren anderen Arm nehmen und wird uns zusammen an ihre Brust drücken.
Verzeiht, meine Kinder, dass ich euch diese Dinge sage, die wie Dummheiten klingen. Aber sind wir nicht beschaulich? Eine Überlegung dieser Art kann uns, wenn es notwendig ist, helfen, das Leben wiederzuerlangen; sie kann uns unendlich viel Trost und unendliche Stärke geben.
Vor dem Herrn, vor allem aber vor dem Herrn als wehrlosem, hilfsbedürftigem Kind, wird alles Reinheit sein. Und wenn ich auch erkenne, dass ich wie alle Menschen die Möglichkeit habe, Ihn zu beleidigen, ein Tier zu sein, so ist das nicht beschämend, wenn es uns hilft, zu kämpfen und unsere Liebe zu zeigen; wenn es uns Gelegenheit gibt, allen Menschen, allen Geschöpfen brüderlich zu begegnen.
Text gedruckt bei https://escriva.org/de/en-dialogo-con-el-se%C3%B1or/62/ (19.11.2025)