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Meine Kinder, wollt ihr mit mir zusammen dem Herrn sagen, Er möge nicht auf meine Unzulänglichkeit und mein Elend schauen, sondern auf den Glauben, den Er mir gegeben hat? Nie habe ich gezweifelt! Und auch das kommt von Dir, Herr, denn es ist dem Menschen eigen, dass er schwankt.

Vierundvierzig Jahre! Meine Kinder, ich erinnere mich jetzt an das kleine Bild mit dem Portrait des heiligen Josef von Calasanz, das ich neben meinem Bett aufhängen ließ. Ich sehe den Heiligen nach Rom kommen; ich sehe, wie er hier bleibt, wie er misshandelt wird. Darin bin ich ihm ähnlich. Ich sehe ihn als Heiligen, worin ich ihm nicht ähnlich bin, und das bis in ein verehrungswürdiges Greisenalter.

Seid treu, Kinder meiner Seele, seid treu! Ihr seid die Kontinuität. Wie bei den Staffelläufen wird der Augenblick kommen – wann Gott will, wo Gott will, wie Gott will –, in dem ihr weiterlaufen und den Stab von einem zum anderen weitergeben müsst, denn ich werde nicht mehr können. Ihr werdet dafür sorgen, dass der gute Geist, den ich vom Herrn empfangen habe, nicht verlorengeht, dass die eigentümlichen und konkreten Merkmale unserer Berufung ohne Abstriche erhalten bleiben. Ihr werdet diese unsere Lebensweise, die göttlich und menschlich ist, an die nächste Generation weitergeben, und diese wiederum an die nächste.

Herr, ich bitte Dich um so vieles für meine Söhne und für meine Töchter … Ich bitte Dich um ihre Beharrlichkeit, um ihre Treue, um ihre Loyalität! Wir werden treu sein, wenn wir loyal sind. Schau über unsere Niederlagen hinweg, Herr. Keiner soll sich in Sicherheit wiegen, wenn er nicht kämpft, denn – so sagt das Sprichwort – der Hase hüpft hervor, wo man es am wenigsten vermutet. Und alle Sprichwörter sind voller Weisheit.

Versteht einander, entschuldigt einander, liebt einander. Wisst euch stets in Gottes Händen, getragen von seiner Güte, unter dem Schirm Mariens, unter der Schutzherrschaft des heiligen Josef und behütet von den Schutzengeln. Fühlt euch nie allein, sondern stets getragen. Dann werdet ihr immer standhaft bleiben: die Füße auf dem Boden und das Herz dort oben, um imstande zu sein, euch für das Gute zu entscheiden.

So werden wir immer die Lehre ohne Irrtum weitergeben, auch jetzt, da viele das nicht tun. Herr, wir lieben die Kirche, denn Du bist ihr Haupt; wir lieben den Papst, denn Er muss Dein Stellvertreter sein. Wir leiden mit der Kirche wie das Volk Israel in jenen Jahren in der Wüste. Der Vergleich stammt aus diesem Sommer. Warum so viele Leiden, Herr? Vielleicht damit wir Dir ähnlicher werden, damit wir verständnisvoller werden und mehr erfüllt sind von Deiner Liebe.

Bethlehem ist die Hingabe; Nazareth die Arbeit; das Apostolat ist das öffentliche Leben. Hunger und Durst. Verständnis im Umgang mit den Sündern. Und am Kreuz streckt Er mit der Geste des Priesters die Hände aus, damit wir alle am Holz Platz finden. Es ist unmöglich – außer vom Kreuz aus – die ganze Menschheit zu lieben; und wir lieben alle Seelen und weisen niemanden ab.

Man sieht, dass der Herr uns ein großes Herz geben möchte … Schaut, wie Er uns hilft, wie Er für uns sorgt, wie klar es ist, dass wir sein pusillus grex 2 sind, welche Stärke Er uns gibt, damit wir die Richtung weisen und den Kurs korrigieren; wie Er uns dazu antreibt, den einen oder anderen Stein dahin und dorthin zu werfen, damit die Herde sich nicht zerstreut; wie Er uns mit seinem liebevollen Pfiff in der Frömmigkeit beisteht.

Danke, Herr, denn ohne wirkliche Liebe hätte die Hingabe keinen Sinn. Die Seele mit Christus erfüllt – so müssen wir immer leben, und so wird unser Herz imstande sein, alle Dinge der Erde gereinigt aufzugreifen. Und so wird aus diesem Herzen, das Dein vielgeliebtes und erbarmungsreiches Herz widerspiegeln wird, Licht hervortreten, Salz, Feuer, das alles verzehrt.

Wenden wir uns an Maria, die Königin des Opus Dei. Bedenkt, dass diese Mutter glücklicherweise nicht stirbt. Sie kennt unsere Unzulänglichkeit. Für sie sind wir immer kleine Kinder, die in ihrem Schoß ausruhen können.

Anmerkungen
2

Lk 12, 32: kleine Herde.

Verzeichnis der Schriftstellen
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