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Wir beginnen mit dem Einleitungsgebet: »Mein Herr und mein Gott, ich glaube fest, dass Du hier zugegen bist, dass Du mich siehst, dass Du mich hörst; ich bete Dich in tiefer Ehrfurcht an, ich bitte Dich um Verzeihung für meine Sünden« – und gleichzeitig, als Akt des Dankes und der Verehrung gegenüber der Gottesmutter, wollen wir nach diesem Gebet, das schon persönliches Beten ist, wie jeden Morgen und jeden Nachmittag betrachten, wie wir besser werden können.
Meine Kinder, heute, da mit dem neuen liturgischen Jahr eine Zeit voller Zuneigung zum Erlöser beginnt, ist ein guter Tag, um neu zu beginnen. Neu beginnen? Ja, neu beginnen. Ich beginne jeden Tag, jede Stunde, jedes Mal, wenn ich einen Reueakt verrichte. Und ich denke, dass du das auch tust.
»Ad te Domine levavi animam meam: Deus meus, in te confido, non erubescam«1, zu Dir, Herr, erhebe ich meine Seele, mein Gott, auf Dich vertraue ich. Lass mich nicht zuschanden werden! Ist dieses Vertrauen in Gott nicht die Stärke des Opus Dei? Im Laufe vieler Jahre haben wir in Augenblicken des Unverständnisses, ja des schonungslosen Unverständnisses so gebetet: »Non erubescam!« Aber wir sind nicht die einzigen Unverstandenen. Verständnislosigkeit erleiden alle, natürliche wie moralische Personen. Es gibt niemanden auf der Erde, der nicht mit oder ohne Berechtigung sagen könnte, dass er nicht verstanden wird, dass ihn Verwandte, Freunde, Nachbarn, Kollegen … nicht verstehen. Aber wenn er mit lauterer Absicht handelt, wird er sogleich sagen: »Ad te levavi animam meam« und mit dem Psalmisten fortfahren: »Etenim universi, qui te expectant, non confundetur«2, ja, alle, die auf dich harren, werden nicht zuschanden.
»In te confido …« Es handelt sich nicht mehr bloß um Unverständnis, sondern um Menschen, die hassen, die eine schlechte Absicht haben. Vor Jahren habe ich es nicht geglaubt, jetzt aber schon: »Neque irrideant me inimici mei«3: Lass meine Feinde mich nicht verlachen! Mein Sohn, Kind meiner Seele, sage Gott Dank dafür, dass Er diese Worte, die uns eine größere Stärke verleihen, in den Mund des Psalmisten gelegt hat. Und denke an jene Male, da du dich betroffen gefühlt und die Gelassenheit verloren hast, weil du dich nicht in der Lage sahst, dich an den Herrn zu wenden – Deus tuus, deinen Gott – und Ihm zu vertrauen.
Im inneren Kampf der Seele und im Kampf zur Ehre Gottes, um ein wirksames Apostolat im Dienst an Gott, den Menschen und der Kirche zu entfalten … dort in diesen Kämpfen habt Glauben und Vertrauen! »Aber Vater«, wirst du mich fragen, »wie verhält es sich dabei mit meinen Sünden?« Und ich antworte dir: Und was ist mit den Meinigen? So beten wir: »Ne respicias peccata nostra, sed fidem«4 und erinnern uns an die Worte aus der Heiligen Schrift: »Quia tu es, deus, fortitudo mea«5. Dann habe ich keine Angst mehr, weil Du, Herr, mehr auf meinen Glauben schaust als auf meine Erbärmlichkeit und weil Du meine Stärke bist. Und diese meine Kinder – ich bringe euch alle vor Gott – sind meine Stärke: sie sind stark, entschieden, sicher, gelassen, siegreich!
Aber auch demütig, demütig, weil wir den Ton, aus dem wir gemacht sind, sehr gut kennen und zumindest ein klein wenig unseres Stolzes und ein wenig unserer Sinnlichkeit haften bleibt. Und dabei wissen wir nicht alles. Wir wollen alles entdecken, was unseren Glauben, unsere Hoffnung, unsere Liebe behindert! Doch wir werden gelassen bleiben. Kurzum: Wir werden erahnen, dass wir bessere Kinder Gottes sind. So werden wir fähig sein, im neuen Jahr voranzukommen. Wir werden uns als Kinder Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes fühlen.
Uns hat der Herr den Weg zum Himmel gezeigt. Genauso wie Er Elija das unter der Asche verborgene gebackene Brot gab, hat Er es auch uns geschenkt, damit wir auf dem Weg vorangehen können. Dieser Weg kann der Weg eines Heiligen, eines Lauen oder – daran will ich gar nicht denken – eines schlechten Menschen sein. »Vias tuas, Domine, demonstra mihi; et semitas tuas edoce me«6: Zeige mir, Herr, Deine Wege, lehre mich Deine Pfade! Möchtest du darüber etwas mehr nachdenken?
»Excita, quaesumus, Domine, potentiam tuam, et veni«7. Biete deine Macht auf, o Herr, und komm, wir bitten Dich. Hier zeigt sich, wie genau die Kirche und die Liturgie, die das Gebet der Kirche ist, uns kennen! Schau, wie sie deinen und meinen Wunsch kennen, wie sie wissen, wie du bist, wie ich bin … excita, Domine, potentiam tuam et veni. Die Macht Gottes kommt zu uns. Es ist der verborgene Gott, der vorübergeht, der jedoch nicht wirkungslos vorbeigeht.
Komm, Jesus, »dann werden wir den Gefahren, die uns wegen unserer Sünden drohen, durch Deinen Schutz entrissen und durch Deine Erlösungstat errettet«8. Sage Gott, unserem Beschützer und Befreier, Dank. Denke jetzt nicht daran, ob deine Fehler groß oder klein sind: denke an das Verzeihen, das immer übergroß ist. Denke daran, dass die Schuld hätte groß sein können, und danke Gott dafür, dass er bereit war zu verzeihen und es immer sein wird.
Mein Sohn, der Beginn des Advents ist besonders geeignet, um einen Akt der Liebe zu verrichten, um zu sagen: ich glaube, ich hoffe, ich liebe; um sich an die Mutter des Herrn – Mutter, Tochter, Braut Gottes, unsere Mutter – zu wenden und sie zu bitten, uns von der Heiligsten Dreifaltigkeit mehr Gnaden zu erflehen: die Gnade der Hoffnung, der Liebe und der Reue. Wenn wir dies tun, wird der heftige, trockene Wind, der die Blumen der Seele austrocknen kann und der manchmal in unserem Leben zu wehen scheint, die Blumen unserer Seele nicht ausdörren.
Lerne den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist zu preisen. Bemühe dich darum, eine besondere Verehrung zur Heiligsten Dreifaltigkeit zu erlernen, indem du sagst: Ich glaube an Gott Vater, ich glaube an Gott Sohn, ich glaube an Gott, den Heiligen Geist, ich glaube an die Heiligste Dreifaltigkeit. Ich hoffe auf Gott Vater, auf Gott Sohn, auf Gott, den Heiligen Geist, ich hoffe auf die Heiligste Dreifaltigkeit. Ich liebe Gott Vater, Gott Sohn, Gott, den Heiligen Geist, ich liebe die Heiligste Dreifaltigkeit. Diese Andacht ist eine notwendige übernatürliche Übung, die sich in Regungen des Herzens manifestiert, auch wenn sie sich nicht immer in Worten ausdrückt.
Wir kennen sehr gut, was uns der heilige Paulus heute sagt: »Fratres, scientes quia hora est iam nos de somno surgere«9. Es ist an der Zeit zu arbeiten! Innerlich zu arbeiten, am Aufbau unserer Seele; und äußerlich, am Aufbau des Reiches Gottes. Und erneut kommt uns der Reueakt auf die Lippen: Herr, ich bitte Dich wegen meines schlechten Lebens, wegen meines lauen Lebens um Verzeihung. Ich bitte Dich für meine schlecht getane Arbeit um Verzeihung, und weil ich nicht verstanden habe zu lieben und Dich deswegen so vernachlässigt habe. Wenn ein Kind seiner Mutter einen verächtlichen Blick zuwirft, schmerzt das die Mutter sehr. Wenn dies hingegen ein Fremder tut, trifft es sie nicht so sehr. Ich bin aber dein Sohn, deswegen sage ich: mea culpa, mea culpa …!
»Wisst, dass es schon Zeit ist aufzustehen.« Mit welchem übernatürlichen Blick schauen wir auf das, was geschieht? Dies kommt nicht äußerlich zum Ausdruck, aber es zeigt sich in unseren Handlungen, manchmal sogar auch in unseren Blicken. Du musst einen tief nach innen gerichteten Blick haben. Ist es nicht so, dass es in deinem Leben ein wenig Träumerei gegeben hat, ein bisschen zu viel an leichten Lösungen? Denke daran, wie leicht wir es uns machen, wenn wir unsere Pflichten ohne viel Liebe erfüllen.
»Nox praecessit, dies autem appropinquavit: abiiciamus ergo opera tenebrarum, et induamur arma lucis«10; die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe; darum lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts! Der Apostel drückt sich sehr stark aus. »Sicut in die honeste ambulemus, lasst uns ehrenhaft leben wie am Tag«11. Wir müssen durch das Leben gehen, wie es die Apostel taten, mit dem Licht und dem Salz Gottes. Voll Natürlichkeit, aber mit einem guten inneren Leben, mit dem Geist des Opus Dei, den wir zum Leuchten bringen, so dass wir die Verdorbenheit, die es in unserer Umgebung gibt, meiden und als Früchte Gelassenheit und Freude ernten. Inmitten von Tränen, die es manchmal geben wird, was aber nicht weiter schlimm ist, werden sich Freude und Frieden, wird sich das gaudium cum pace einstellen.
Salz, Feuer, Licht; für die Seelen, für deine und meine Seele. Ein Akt der Liebe, der Reue. Mea culpa … Ich konnte und ich hätte Werkzeug sein sollen … Ich danke Dir, mein Gott, weil Du mir trotz allem einen großen Glauben geschenkt hast und die Gnade der Berufung und der Beharrlichkeit. Daher lässt uns die Kirche in der Heiligen Messe beten: »Dominus dabit benignitatem, et terra nostra dabit fructum suum; der Herr gibt Gutes und unser Land gibt seinen Ertrag.«12 Dieser Segen Gottes ist der Ursprung allen Ertrages, jener notwendigen Atmosphäre, damit wir in unserem Leben heilig werden und Heilige hervorbringen können, meine Kinder.
»Dominus dabit benignitatem …« Unser Herr erwartet Früchte. Wenn wir sie nicht bringen, nehmen wir sie Ihm weg. Aber es darf keine kümmerliche, ausgezehrte Frucht sein, weil wir es nicht verstanden haben, uns zu verschenken. Der Herr gibt das Wasser, den Regen, die Sonne, den guten Boden … aber Er erwartet die Aussaat, das Umgraben, das Beschneiden. Er erwartet, dass wir uns um die Früchte voller Liebe kümmern, dass wir – wenn nötig – verhindern, dass die Vögel des Himmels kommen und sie auffressen.
Wir wollen unser Gebet beenden, indem wir uns an unsere Mutter wenden, damit sie uns hilft, uns an die Vorsätze halten zu können, die wir uns vorgenommen haben.
Später braucht die Seele den Umgang mit jeder einzelnen der göttlichen Personen. Es ist eine Entdeckung, die die Seele im übernatürlichen Leben macht, ähnlich einem kleinen Kind im irdischen Leben. Sie beginnt mit dem Vater und mit dem Sohn und mit dem Heiligen Geist zu sprechen und das Wirken des lebenspendenden Trösters zu verspüren, der sich uns schenkt, ohne dass wir es verdienen: die Gaben und die übernatürlichen Tugenden. So gelangen wir, ohne es zu merken, irgendwie zur Vereinigung mit Gott.
Wir sind vorangegangen »quemadmodum desiderat cervus ad fontes aquarum«9, wie der Hirsch, der nach den Wasserquellen verlangt: durstig, mit ausgedörrtem, trockenem Mund. Wir wollen aus diesem Quell lebendigen Wassers trinken. Und ohne Absonderliches zu tun, stoßen wir im Laufe des Tages – mit der Bildung, die man im Werk erhält und die darauf aufbaut, die menschliche Seele zu entkomplizieren – auf diese überströmende und klare Quelle frischer Fluten, die hinübersprudeln ins ewige Leben.10 Dann spricht man nicht mehr, denn die Zunge weiß sich nicht auszudrücken. Der Verstand kommt zur Ruhe. Man spricht nicht, man schaut! Und die Seele fängt an zu singen, denn sie fühlt und weiß, dass Gott sie in jedem Augenblick voller Liebe anschaut.
Ihr wisst nicht, was für ein Trost es für mich war, als ich, nachdem ich viele Jahre lang wiederholt hatte, dass für eine beschauliche Seele sogar der Schlaf Gebet ist, auf einen Text des heiligen Hieronymus stieß, der dasselbe sagt.
Im Rahmen unserer Unvollkommenheiten und gedemütigt durch unsere inneren Misserfolge, die uns jeden Tag zu Gott heimkehren lassen, finden wir, die wir uns vollkommen dem Herrn verschrieben haben, trotz Hindernissen auf den eigentlichen Weg zurück. Ich habe euch oftmals gesagt, dass ich ständig die Rolle des verlorenen Sohnes spiele. Es ist der Augenblick der Reue, der Liebe, der Verschmelzung des Geschöpfes, das nichts ist … mit seinem Gott und seiner Liebe, die alles ist.
Meine Kinder, ich spreche zu euch nicht von etwas Außergewöhnlichem, sondern – so muss es sein – von gewöhnlichen Erfahrungen unserer Seele. Ihr sollt eure Brüder zu dieser Verrücktheit aus Liebe führen, die lehrt, wie man leiden und leben kann, denn Gott schenkt uns die Gabe der Weisheit. Welche Gelassenheit dann und welcher Friede!
Askese? Mystik? Ich könnte es nicht sagen. Aber sei es, was es sei, Askese oder Mystik, was macht das schon aus? Es ist eine Gabe Gottes. Wenn du dich bemühst zu betrachten, kommt ein Augenblick, in dem der Herr dir die Gaben nicht verwehrt; der Heilige Geist gewährt sie dir. Glaube, meine Kinder, und Werke des Glaubens! Denn das ist schon Beschauung und Vereinigung mit Gott. Und das ist das Leben meiner Kinder, die sich mitten in der Welt einsetzen, auch wenn sie es nicht einmal merken: eine Art zu beten und zu leben, die uns nicht von den Dingen der Erde trennt, sondern uns inmitten dieser Dinge zu Gott führt. Und indem das Geschöpf alles Irdische zu Gott führt, vergöttlicht es die Welt. So oft habe ich von der Sage des Königs Midas gesprochen … Trotz unserer persönlichen Irrtümer verwandeln wir alles, was wir berühren, in Gold.
Dann wollen Sie also, Vater, dass wir fallen, dass wir uns irren? Nein, meine Kinder! Wie könnte ich so etwas wollen! Aber wenn ihr einmal aus menschlicher Schwäche zu Boden geht, dann verliert nicht den Mut. Es wäre eine Reaktion des Stolzes, dann zu denken: Ich tauge nicht. Natürlich taugst du! Du bist das ganze Blut Christi wert: »empti enim estis pretio magno«1, ihr seid um einen hohen Preis erkauft worden. Geht schleunigst zum Sakrament der Buße, sprecht aufrichtig mit eurem Bruder und beginnt von neuem, denn Gott rechnet mit euch, um sein Werk zu vollbringen.
Werdet nicht traurig, wenn in den wunderbarsten Momenten eures Lebens euch plötzlich die Versuchung überkommt – die ihr vielleicht für ein Verlangen haltet, dem ihr zustimmt, obwohl es nicht so ist –, die größten Scheußlichkeiten zu begehen, die man sich nur vorstellen kann. Nehmt Zuflucht zur Barmherzigkeit Gottes und rechnet mit der Fürsprache seiner und unserer Mutter, und alles kommt in Ordnung. Und dann brecht in Lachen aus: Gott behandelt mich wie einen Heiligen! Das hat überhaupt keine Bedeutung. Seid davon überzeugt, dass der alte Mensch, den wir alle mit uns tragen, sich jeden Augenblick erheben kann. Seid zufrieden und kämpft wie bisher! Heutzutage, da niemand von Kämpfen und Schlachten reden will, bleibt nichts anderes übrig, als die Worte der Heiligen Schrift in Erinnerung zu rufen: »militia est vita hominis super terram«2. Euer Krieg wird gewöhnlich nur eine Guerrilla sein, ein Kampf in Dingen ohne große Bedeutung, weit weg von den Hauptmauern der Festung, wenn ihr, meine Töchter und Söhne, die Ratschläge eures Vaters beachtet, der als Priester, aufgrund seines Alters und aus eigener Erfahrung, viel Erfahrung mit der menschlichen Schwäche hat.
Hin und wieder werdet ihr vielleicht auf heftigeren Widerstand stoßen, auf einen lebhafteren Stolz und einen stärkeren Sog der Dinge, die in den Schmutz ziehen. Das Dümmste, was ihr dann tun könntet, wäre zu schweigen. »Solang ich es verschwieg«, heißt es in einem Psalm, »waren meine Glieder matt, den ganzen Tag musste ich stöhnen. Denn Deine Hand lag schwer auf mir bei Tag und bei Nacht; meine Lebenskraft war verdorrt wie durch die Glut des Sommers.«3 Aber alles kommt in Ordnung, wenn ihr redet, wenn ihr in diesem persönlichen, vertraulichen und brüderlichen Gespräch, das es zuhause im Werk gibt, und in der Beichte von euren Schwierigkeiten, euren Fehlern und Erbärmlichkeiten erzählt. Meine Kinder, sprecht schon vorher klar, sobald ihr das erste Anzeichen bemerkt, auch wenn es geringfügig, wenn es scheinbar ohne Bedeutung ist. Sprecht klar und bedenkt, dass ihr euch sonst nur mit dummen Empfindungen der Scham belastet und euch wie eine Novizin aufführt, während ihr euch doch tapfer wie Soldaten verhalten solltet. Ich meine nicht bloß Schwächen des Fleisches, obwohl ich auch diese einbeziehe, allerdings an ihrem Platz, an fünfter oder sechster Stelle. Ich meine vor allem den Stolz, der unser ärgster Feind ist, weil er uns alles verkehrt herum sehen lässt.
Seid darum nicht erstaunt, wenn ihr einmal eine Dummheit begeht. Zeigt die angeschlagene Stelle, die Wunde, und lasst den heran, der euch heilen kann, auch wenn es schmerzt. So werdet ihr die Gesundheit wiedererlangen. So werdet ihr vorankommen, und euer Leben wird für die Seelen sehr förderlich sein.
Unser Gott ist so überaus gut, dass Er uns, wenn wir nur ein wenig kämpfen, mit seiner Gnade geradezu überflutet. Der Herr hat das Herz eines Vaters, das größer ist als alle unsere Herzen zusammen. Er ist allmächtig und will uns alle in seiner Nähe haben. Da es »seine Wonne ist, bei den Menschenkindern zu sein«4, ist es seine Seligkeit, jeden mit Freude zu erfüllen, der sich Ihm nähert. Und wisst ihr, wie wir uns Gott nähern? Durch Akte der Reue, die uns läutern und uns helfen, reiner zu sein.
Wir müssen uns verhalten wie ein kleines Kind, das weiß, dass es ein schmutziges Gesicht hat, und den Entschluss fasst, sich zu waschen, damit es von seiner Mutter ein paar Küsse bekommt. Im Fall der zerknirschten Seele freilich ist es Gott, der uns reinigt und der uns – dabei und danach – wie eine Mutter nicht ausschimpft, sondern uns nimmt, uns hilft, an seine Brust drückt, uns sucht, reinigt und uns seine Gnade gewährt, das Leben, den Heiligen Geist. Wenn wir mit der rechten Einstellung zu Ihm kommen, verzeiht und tröstet Er uns nicht nur, sondern Er heilt und nährt uns.
Man muss so rasch wie möglich zu Gott zurückkehren und immer wieder zurückkehren. Ich kehre oftmals am Tag zurück. Bisweilen beichte ich sogar zweimal in der Woche. Dann wieder nur einmal, dann dreimal, immer wenn ich es brauche, um meine Ruhe zu finden. Ich bin kein Frömmler und auch nicht skrupelhaft, aber ich weiß, was meiner Seele guttut.
Jetzt geben Leute ohne Frömmigkeit und Bildung vielerorts den Rat, man solle nicht zur Beichte gehen. Sie greifen das heilige Bußsakrament auf brutalste Weise an. Sie möchten eine Komödie aufführen: ein paar Worte, alle gemeinsam, und danach die Lossprechung. Nein, Kinder! Liebt die Ohrenbeichte! Und nicht nur die Beichte der schweren Sünden, sondern auch die Beichte unserer lässlichen Sünden und sogar der Fehler. Die Sakramente bewirken die Gnade ex opere operato, das heißt kraft des Sakraments selbst, und auch ex opere operantis, das heißt nach Maßgabe der Bereitschaft dessen, der sie empfängt. Die Beichte erweckt die Seele nicht nur zu neuem Leben und reinigt sie von den Erbärmlichkeiten, die sie in Gedanken, Wünschen, Worten und Werken begangen haben mag. Sie bewirkt auch eine Vermehrung der Gnade, stärkt uns und stattet uns mit mehr Waffen aus, um diesen inneren, persönlichen Sieg zu erringen. Liebt das heilige Bußsakrament!
Habt ihr je ein großartigeres Zeichen der Barmherzigkeit unseres Herrn gesehen? Gott als Schöpfer erfüllt uns mit Bewunderung und Dank. Gott als Erlöser erschüttert uns. Ein Gott, der in der Eucharistie zugegen ist, der aus Liebe zu uns unsere Speise wird, erfüllt uns mit dem Verlangen, seiner Liebe zu entsprechen. Ein Gott, der Leben spendet, der all unserem Tun einen übernatürlichen Sinn verleiht, indem Er im Zentrum der begnadeten Seele wohnt, ist etwas Unaussprechliches … Ein Gott, der verzeiht, ist einfach wunderbar! Wer gegen das Bußsakrament redet, widersetzt sich dieser Großtat der göttlichen Barmherzigkeit. Ich habe festgestellt, meine Kinder, dass viele, die Christus nicht kannten, innerlich tief bewegt wurden, als sie hörten, dass wir Katholiken einen Gott haben, der die menschlichen Schwächen versteht und verzeiht, und dass sie darum baten, dass man ihnen die Lehre Jesu erklärt.
Sollten jene, die darauf aus sind, dass wir dem Herrn für die Einsetzung dieses Sakramentes nicht danken, ihr Ziel auch nur in geringem Maß erreichen, würden sie die Spiritualität der Kirche zerstören. Wenn ihr mich fragt: Vater, sagen diese Leute denn etwas Neues?, dann muss ich euch antworten: nichts Neues, meine Kinder. Der Teufel wiederholt sich ständig. Es sind immer dieselben Dinge. Der Teufel ist sehr schlau, denn er war ein Engel und ist sehr alt, aber gleichzeitig ist er hoffnungslos dumm. Ihm fehlt nämlich Gottes Beistand, und er tut nichts anderes, als unentwegt auf denselben Dingen herumzureiten. Alle Irrtümer, die man heute verbreitet, alle diese Formen von Lüge und Häresie sind alt, uralt, und wurden bereits tausendfach von der Kirche verurteilt.
Wenn gewisse Leute behaupten, dass sie die Notwendigkeit der Ohrenbeichte nicht verstehen, liegt das dann nicht daran, dass sie das Gift in ihrem Inneren nicht offenbaren wollen? Gehören sie nicht vielleicht zu jenen, die zum Arzt gehen, ihm aber nicht sagen wollen, seit wann sie krank sind, welche Symptome ihre Krankheit hat und wo es ihnen weh tut …? Sie sind verrückt! Diese Leute sollten den Tierarzt aufsuchen, da sie sich wie Tiere benehmen, die nicht sprechen.
Wisst ihr, warum solche Dinge in der Kirche geschehen? Weil viele nicht tun, was sie predigen, oder weil sie Irrtümer lehren, und dann stimmt ihr Verhalten mit dem überein, was sie sagen. Die asketischen Mittel sind nach wie vor unentbehrlich für ein christliches Leben. In diesem Punkt hat es keine Fortschritte gegeben, noch wird es je welche geben. »Jesus Christus, heri et hodie, ipse et in saecula!«5, Jesus Christus ist derselbe, gestern und heute, und Er wird immer derselbe sein. Man kann ein Ziel nicht erreichen, ohne die entsprechenden Mittel anzuwenden. Und im geistlichen Leben waren und sind die Mittel immer dieselben und werden immer dieselben sein: die Kenntnis der christlichen Lehre, der häufige Empfang der Sakramente, das Gebet, die Abtötung, das Frömmigkeitsleben, die Flucht vor den Versuchungen – und vor den Gelegenheiten – und die Öffnung des Herzens, damit die Gnade Gottes bis auf den Grund dringt und man die Geschwüre öffnen und die Wunden ausbrennen, säubern und reinigen kann.
Zur Dreifaltigkeit des Himmels trachte ich über jene andere Dreifaltigkeit der Erde zu gelangen: Jesus, Maria und Josef. Sie sind irgendwie leichter erreichbar. Jesus, der perfectus Deus und perfectus Homo ist. Maria, die eine Frau ist, das reinste, das erhabenste Geschöpf, größer als sie ist nur Gott. Und Josef, der gleich nach Maria kommt: rein, männlich, klug, aus einem Guss. Mein Gott! Welche Vorbilder! Wenn man sie nur ansieht, möchte man sich zu Tode grämen. Denn ich habe mich so schlecht benommen, Herr … Ich habe es nicht verstanden, mich den Umständen anzupassen, mich zu vergöttlichen. Und Du gabst mir die Mittel, und du gibst sie mir immer noch und wirst sie mir weiterhin geben … Denn auf göttliche Weise sollen wir auf Erden menschlich leben.
Wir müssen – mir ist bewusst, dass ich euch das oft gesagt habe – im Himmel und auf der Erde sein, und zwar immer, nicht zwischen Himmel und Erde, denn wir gehören dieser Welt an. In der Welt und im Paradies zugleich! Das wäre gewissermaßen die Formel, um auszudrücken, wie wir unser Leben gestalten sollen, solange wir in hoc saeculo sind. Im Himmel und auf der Erde, vergöttlicht; aber mit dem Wissen, dass wir von der Welt sind, dass wir Erde sind und so zerbrechlich wie alles Irdische: ein Tongefäß, das der Herr zu seinem Dienst hat verwenden wollen. Und wenn es in Scherben ging, dann haben wir die berühmten Klammern verwendet, wir sprechen wie der verlorene Sohn: »Ich habe mich gegen den Himmel und gegen Dich versündigt …«5 Dabei ist es ganz gleich, ob es sich um etwas Wichtiges oder um eine Kleinigkeit handelt. Manchmal hat uns eine Kleinigkeit sehr weh getan, eine Lieblosigkeit, ein Nicht-Hinschauen auf die Liebe aller Lieben, eine Unfähigkeit zu lächeln. Denn wenn man liebt, gibt es keine Belanglosigkeiten: alles ist bedeutungsvoll, alles ist groß, auch für ein elendes und kleines Geschöpf wie ich, wie du, mein Sohn.
Der Herr wollte einen überaus kostbaren Schatz in uns hineinlegen. Übertreibe ich? Ich habe wenig gesagt. Jetzt habe ich wenig gesagt, denn vorher habe ich mehr gesagt. Ich habe daran erinnert, dass Gott, unser Herr, in uns wohnt, in seiner ganzen Größe. In unseren Herzen gibt es ständig einen Himmel. Und ich werde nicht weiter fortfahren etwas zu sagen.
Gratias tibi, Deus, gratias tibi:
vera et una Trintias,
una et summa Deitas,
sancta et una Unitas!
Die Mutter Gottes sei für uns Turris Civitatis, der Turm, der über die Stadt wacht. Die Stadt ist jeder einzelne von uns, mit so vielen Dingen, die in uns kommen und gehen, mit so viel Bewegung und zugleich so viel Ruhe; mit so viel Unordnung und mit so viel Ordnung; mit so viel Lärm und mit so viel Stille; mit so viel Krieg und mit so viel Frieden.
Sancta Maria, Turris Civitatis: ora pro nobis!
Sancte Ioseph, Pater et Domine: ora pro nobis!
Sancti Angeli Custodes: orate pro nobis!
Ps 24, 1-2.
Ebd.
Ebd.
Gebet bei der Hl. Messe.
Ps 42, 2.
Ps 24, 4.
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