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Der Herr hat uns im Opus Dei gezeigt, wie das Kreuz, das Er selbst uns auferlegt – oder das Umstände, Gegebenheiten oder Personen uns auferlegen, was Er zulässt –, uns nicht niederdrückt. Es drückt uns nicht nieder, wenn wir das Kreuz Christi lieben, es gelassen tragen, aufrecht, ohne es fallen zu lassen und ohne es hinter uns her zu schleifen. Es erdrückt uns nicht, wenn wir innerliche wie äußerliche Widrigkeiten, gleichgültig welche, umarmen und wissen, dass sich hinter ihnen ein Sinn verbirgt und sie auf diese Weise einen wunderbaren Schatz darstellen. Wenn es wirklich das Kreuz Christi ist, dann drückt dieses Kreuz nicht nieder; denn es ist nicht unser Kreuz. Es ist nicht mehr meines, sondern seines, und Er trägt es mit mir. Auf diese Weise, meine Kinder, gibt es kein Leid, das man nicht rasch überwindet, und niemand wird uns den Frieden und die Freude rauben können.
»Diligam te, Domine, fortitudo mea!«1 Ich liebe Dich, Herr, denn Du bist meine Stärke, »quia tu es, Deus, fortitudo mea«2. Ich ruhe aus in Dir! Ich kann nichts tun, wenn Du mir nicht hilfst, sei es groß oder klein, obwohl es keine kleinen Dinge gibt, wenn ich sie aus Liebe tue. Denn wenn ich meinen guten Willen einsetze, wird der machtvolle Arm Gottes kommen, um mich zu kräftigen, zu beruhigen, zu stützen und diesen Schmerz tragen zu helfen. Dann bedrückt mich diese Last nicht mehr.
Bedenkt es gründlich, meine Kinder. Denkt an die Umstände jedes einzelnen und macht euch klar, dass uns die Dinge mehr nützen, die scheinbar schieflaufen, die uns zuwider sind und uns schwerfallen, als diejenigen, die anscheinend ohne Mühe laufen. Wenn wir dies nicht so sehen, stellt sich Verwirrung und Trostlosigkeit ein. Wenn wir hingegen das, was in geistlicher Hinsicht sehr weise ist, voll erfasst haben und den Willen Gottes unter diesen Umständen annehmen, Jesus Christus lieben und uns als Miterlöser mit Ihm wissen, dann wird uns die Klarheit nicht fehlen, die Kraft, unsere Pflicht zu erfüllen: die Gelassenheit.
Sagt Jesus jetzt mit mir zusammen: Herr, wir wollen nichts anderes als Dir dienen! Wir wollen unsere Pflichten erfüllen und Dich lieben wie Verliebte! Lass uns Deinen festen Schritt an unserer Seite spüren. Sei Du unser einziger Halt. Nichts wird euch den Frieden rauben, meine Kinder. Wenn ihr mit diesem Vertrauen lebt, wird euch nichts die Freude nehmen können und wird niemand eure Gelassenheit ins Wanken bringen. Im Leben gibt es für alles eine Lösung, ausgenommen den Tod; und der Tod ist für uns Leben.
In der Heiligen Schrift lesen wir: »Benedixisti, Domine, terram tuam; avertisti captivitatem Iacob«11; Deine Erde hast Du gesegnet, Herr, Du hast die Gefangenschaft Jakobs gesprengt. Ich wiederhole, dass wir uns nicht mehr als Sklaven fühlen, sondern als Freie. Alles führt uns zu Gott. Und bei dieser Wanderung auf dem Pfad des Opus Dei gehen wir sicher voran, denn wir haben die Leitung, die es unmöglich macht, dass wir uns verirren: die Beichte und das vertrauensvolle Gespräch mit eurem Bruder, sofern sie aufrichtig sind und ihr dem stummen Teufel keinen Raum gebt. Auf unserem göttlichen Weg haben wir in jedem Augenblick so etwas wie die Markierungen, die man auf den Landstraßen sieht und die den Reisenden als Orientierung dienen. Ich wiederhole, es ist völlig unmöglich, dass ein Mitglied des Opus Dei, wenn es unserem Geist treu ist, im Auf und Ab seines inneren Lebens vom Weg abkommt.
So entzündet sich die Seele am Licht, das sie aus dem Hohen Lied gewinnt: »surgam et circuibo civitatem«12; ich werde aufstehen und die Stadt duchstreifen … Und nicht nur die Stadt: »per vicos et plateas quaeram quem diligit anima mea«13. Auf Straßen und Plätzen werde ich den suchen, den meine Seele liebt … Um Frieden für meine Seele zu suchen, werde ich von einem Ort der Erde zum anderen laufen, durch alle Nationen, alle Völker, auf allen Wegen und Pfaden. Und ich finde ihn in dem, was von außen kommt, was für mich kein Hindernis darstellt. Im Gegenteil, es ist Pfad und Stufe, um mich mehr und mehr Gott zu nähern und mich mehr und mehr mit Ihm zu vereinigen.
Und wenn die Zeit kommt, die mit größerer oder geringerer Wucht kommen muss, die Zeit der Gegensätze, des Kampfes, der Trübsal, der passiven Läuterung, dann legt der Psalmist uns die Worte in den Mund und ins Leben: »cum ipso ero in tribulatione«14, mit Ihm bleibe ich in der Drangsal. Was ist schon, Jesus, angesichts Deines Kreuzes das meine? Was sind angesichts Deiner Wunden meine Schrammen? Was bedeutet schon angesichts Deiner unermesslichen, reinen und grenzenlosen Liebe dieses armselige kleine Kreuz, das Du in meine Seele gelegt hast? Und eure Herzen und das meine werden von heiligem Eifer erfüllt sein: »ut nuntietis ei quia amore langueo«15, dass ihr Ihm sagt, dass ich vor Liebe sterbe. Es ist eine edle, eine göttliche Krankheit. Wir sind die Aristokraten der Liebe auf Erden, wie ich mit den Worten eines alten Freundes sagen kann.
Nicht wir leben, sondern es ist Christus, der in uns lebt.16 Da gibt es Durst nach Gott, Verlangen nach seinen Tränen, seinen Worten, seinem Lächeln, seinem Antlitz … Ich finde keinen besseren Ausdruck dafür, als nochmals die Worte des Psalms: »quemadmodum desiderat cervus ad fontes aquarum«17, wie der Hirsch nach den Wasserquellen verlangt, so verlangt meine Seele nach Dir, o mein Gott!
Friede. Sich in Gott geborgen, sich vergöttlicht fühlen. Sich in die Seite Christi flüchten und wissen, dass die Liebe Gottes jeden einzelnen erwartet: die Liebe des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Und der apostolische Eifer entbrennt und wächst von Tag zu Tag, denn das Gute will sich mitteilen. Über die ganze Welt möchten wir die Freude und den Frieden aussäen, alle Seelen mit den erlösenden Wassern benetzen, die aus der geöffneten Seite Christi strömen, alles aus Liebe tun. Dann gibt es keine Traurigkeit, kein Leid, keine Schmerzen. Sie verschwinden, sobald man wahrhaftig den Willen Gottes annimmt und froh seine Wünsche erfüllt, wie es treue Kinder tun, auch wenn vielleicht die Nerven zum zerreißen gespannt sind und die Qual unerträglich scheint.
Ich werde bald wieder diese Erde verlassen müssen; deshalb möchte ich euch zuvor noch ein paar Worte sagen. Seht, wie anmutig das Jesuskind ist, es ist ganz wehrlos.
Einige von euch haben gesungen, dass es auf die Welt kam, um zu leiden, und ich sage euch: um zu leiden und um die Leiden der anderen zu vermeiden. Jesus wusste, dass er für das Kreuz gekommen war, und dennoch gibt es heute Theorien einer falschen Askese, die vom Herrn spricht, als ob er wütend am Kreuz hinge und den Menschen sagte: Ich bin hier am Kreuz, und deshalb nagle ich auch euch an ihm fest. Nein!, meine Kinder. Der Herr hat seine Arme mit der Geste des ewigen Priesters ausgebreitet. Er hat sich ans Holz des Kreuzes heften lassen, damit wir nicht leiden müssen, damit unsere Leiden leichter werden, ja sogar froh und liebenswert.
Auf dieser Erde sind Leid und Liebe voneinander nicht zu trennen. In diesem Leben muss man mit dem Kreuz rechnen. Wer nicht mit dem Kreuz rechnet, ist kein Christ. Wer nicht mit dem Kreuz rechnet, wird ihm trotzdem begegnen und im Kreuz außerdem die Verzweiflung finden. Wenn ihr mit dem Kreuz rechnet, mit Jesus Christus am Kreuz, könnt ihr sicher sein, dass ihr in den härtesten Situationen, die kommen können, nicht allein seid und dass ihr glücklich, sicher und stark sein werdet. Aber dazu müsst ihr beschauliche Seelen sein.
Meine Kinder, wollt ihr mit mir zusammen dem Herrn sagen, Er möge nicht auf meine Unzulänglichkeit und mein Elend schauen, sondern auf den Glauben, den Er mir gegeben hat? Nie habe ich gezweifelt! Und auch das kommt von Dir, Herr, denn es ist dem Menschen eigen, dass er schwankt.
Vierundvierzig Jahre! Meine Kinder, ich erinnere mich jetzt an das kleine Bild mit dem Portrait des heiligen Josef von Calasanz, das ich neben meinem Bett aufhängen ließ. Ich sehe den Heiligen nach Rom kommen; ich sehe, wie er hier bleibt, wie er misshandelt wird. Darin bin ich ihm ähnlich. Ich sehe ihn als Heiligen, worin ich ihm nicht ähnlich bin, und das bis in ein verehrungswürdiges Greisenalter.
Seid treu, Kinder meiner Seele, seid treu! Ihr seid die Kontinuität. Wie bei den Staffelläufen wird der Augenblick kommen – wann Gott will, wo Gott will, wie Gott will –, in dem ihr weiterlaufen und den Stab von einem zum anderen weitergeben müsst, denn ich werde nicht mehr können. Ihr werdet dafür sorgen, dass der gute Geist, den ich vom Herrn empfangen habe, nicht verlorengeht, dass die eigentümlichen und konkreten Merkmale unserer Berufung ohne Abstriche erhalten bleiben. Ihr werdet diese unsere Lebensweise, die göttlich und menschlich ist, an die nächste Generation weitergeben, und diese wiederum an die nächste.
Herr, ich bitte Dich um so vieles für meine Söhne und für meine Töchter … Ich bitte Dich um ihre Beharrlichkeit, um ihre Treue, um ihre Loyalität! Wir werden treu sein, wenn wir loyal sind. Schau über unsere Niederlagen hinweg, Herr. Keiner soll sich in Sicherheit wiegen, wenn er nicht kämpft, denn – so sagt das Sprichwort – der Hase hüpft hervor, wo man es am wenigsten vermutet. Und alle Sprichwörter sind voller Weisheit.
Versteht einander, entschuldigt einander, liebt einander. Wisst euch stets in Gottes Händen, getragen von seiner Güte, unter dem Schirm Mariens, unter der Schutzherrschaft des heiligen Josef und behütet von den Schutzengeln. Fühlt euch nie allein, sondern stets getragen. Dann werdet ihr immer standhaft bleiben: die Füße auf dem Boden und das Herz dort oben, um imstande zu sein, euch für das Gute zu entscheiden.
So werden wir immer die Lehre ohne Irrtum weitergeben, auch jetzt, da viele das nicht tun. Herr, wir lieben die Kirche, denn Du bist ihr Haupt; wir lieben den Papst, denn Er muss Dein Stellvertreter sein. Wir leiden mit der Kirche wie das Volk Israel in jenen Jahren in der Wüste. Der Vergleich stammt aus diesem Sommer. Warum so viele Leiden, Herr? Vielleicht damit wir Dir ähnlicher werden, damit wir verständnisvoller werden und mehr erfüllt sind von Deiner Liebe.
Bethlehem ist die Hingabe; Nazareth die Arbeit; das Apostolat ist das öffentliche Leben. Hunger und Durst. Verständnis im Umgang mit den Sündern. Und am Kreuz streckt Er mit der Geste des Priesters die Hände aus, damit wir alle am Holz Platz finden. Es ist unmöglich – außer vom Kreuz aus – die ganze Menschheit zu lieben; und wir lieben alle Seelen und weisen niemanden ab.
Man sieht, dass der Herr uns ein großes Herz geben möchte … Schaut, wie Er uns hilft, wie Er für uns sorgt, wie klar es ist, dass wir sein pusillus grex 2 sind, welche Stärke Er uns gibt, damit wir die Richtung weisen und den Kurs korrigieren; wie Er uns dazu antreibt, den einen oder anderen Stein dahin und dorthin zu werfen, damit die Herde sich nicht zerstreut; wie Er uns mit seinem liebevollen Pfiff in der Frömmigkeit beisteht.
Danke, Herr, denn ohne wirkliche Liebe hätte die Hingabe keinen Sinn. Die Seele mit Christus erfüllt – so müssen wir immer leben, und so wird unser Herz imstande sein, alle Dinge der Erde gereinigt aufzugreifen. Und so wird aus diesem Herzen, das Dein vielgeliebtes und erbarmungsreiches Herz widerspiegeln wird, Licht hervortreten, Salz, Feuer, das alles verzehrt.
Wenden wir uns an Maria, die Königin des Opus Dei. Bedenkt, dass diese Mutter glücklicherweise nicht stirbt. Sie kennt unsere Unzulänglichkeit. Für sie sind wir immer kleine Kinder, die in ihrem Schoß ausruhen können.
Im Werk sind wir alle eine Liebesbindung mit Gott, unserem Herrn, eingegangen, die wir frei übernommen haben. Eine Bindung, die durch die persönliche Gnade gestärkt wird, die dem Stand eines jeden entspricht, und durch jene andere, spezifische Gnade, die der Herr den Seelen gewährt, die Er zu seinem Opus Dei ruft. Wie Honig und Waben empfinde ich jene göttliche Liebeserklärung: »Ego redemi te, et vocavi te nomine tuo, meus es tu!«7 – ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein! Wir gehören nicht uns selbst, meine Kinder, wir gehören Ihm, dem Herrn, denn es ist unser Wille gewesen, Ihm zu antworten: »Ecce ego, quia vocasti me!«8 – hier bin ich, weil Du mich gerufen hast.
Eine Liebesbindung, die zugleich ein Band der Gerechtigkeit ist. Ich spreche nicht gern nur von Gerechtigkeit, wenn ich von Gott spreche. In seiner Gegenwart suche ich seine Barmherzigkeit, sein Mitleid, so wie ich eure kindliche Zuneigung suche, damit ihr für mich betet, denn ihr wisst ja, dass euch mein Gebet zu keiner Zeit des Tages und der Nacht fehlt.
Aber welchen Inhalt hat diese Liebesbindung? Was fordert sie von uns? Zu kämpfen, meine Töchter und Söhne! Zu kämpfen mit dem Ziel, die asketischen Mittel anzuwenden, die das Werk uns gibt, um heilig zu werden; zu kämpfen, um unsere Normen und Gewohnheiten zu erfüllen; uns anzustrengen, um uns die gute Glaubenslehre anzueignen und sie zu verteidigen, und um unser Verhalten zu verbessern; zu versuchen, ein Leben des Gebetes, des Opfers und der Arbeit zu führen und – wenn es möglich ist – dabei zu lächeln. Denn ich verstehe, meine Kinder, dass es manchmal nicht leicht ist zu lächeln.
Vater, werdet ihr mir sagen, müssen wir kämpfen, um gutes Beispiel zu geben? Ja, meine Kinder, aber ohne Beifall auf Erden zu suchen. Schwankt nicht, wenn ihr auf Spott, Verleumdungen, Hass und Verachtung stoßt. Wir müssen kämpfen – wiederum spricht jetzt die Liturgie des Tages – »bei Ehre und Schmach, bei Lästerungen und Lobsprüchen; als Schwindler betrachtet und doch wahrhaftig; als Unbekannte und doch wohlbekannt; als Sterbende und doch bei guter Gesundheit; als Gezüchtigte, doch nicht gedemütigt; als Trauernde, doch allzeit fröhlich; als Arme, die dennoch viele bereichern; als solche, die nichts haben und dennoch alles besitzen.«9
Erwartet in eurem christlichen Kampf kein Lob, keine aufmunternden Worte. Wir müssen es in unserem Gewissen ganz klar haben: Wissen wir, dass unser innerer Kampf notwendig ist, um Gott, der Kirche und den Seelen zu dienen? Sind wir überzeugt davon, dass der Herr – in diesen Zeiten schrecklicher Treulosigkeit – sich unserer geringen Anstrengung, treu zu sein, bedienen will, um den Glauben, die Hoffnung und die Liebe in Tausenden von Seelen zu vermehren? Kämpfen wir also, meine Töchter und Söhne, mit dem Blick auf Gott und immer zufrieden, ohne an menschliches Lob zu denken.
Herr, obwohl wir mit Dir Umgang haben, verraten wir Dich. Aber wir kommen zu Dir zurück. Was würde aus uns werden ohne diesen Umgang? Wie könnten wir Deine Nähe suchen? Wie wären wir imstande, uns mit Dir am Kreuz zu opfern, uns dort aus Liebe zu Dir festzuheften, um den Geschöpfen zu dienen?
»Mein Gott, Dich zu verlassen heißt, zu Tode kommen; Dir zu folgen heißt lieben; Dich zu sehen heißt, Dich besitzen. Gib mir, Herr, einen festen Glauben, reiche Hoffnung, immerwährende Liebe. Ich rufe zu Dir, o Gott, durch den wir den Feind überwinden; Gott, durch dessen Gunst wir nicht ganz zugrundegehen. Gott, Du warnst uns, damit wir wachsam sind. Gott, mit Deiner Gnade vermeiden wir das Böse und tun das Gute. Gott, Du stärkst uns, damit wir nicht verlorengehen in den Widrigkeiten: Gott, von dem unser Gehorsam und unsere rechte Führung kommt.«10
Trotzdem schmerzt es uns sehr, meine Töchter und Söhne, wenn wir sehen, wie innerhalb der Kirche schreckliche Kampagnen gegen die Gerechtigkeit betrieben werden, die notwendigerweise den Mangel an Frieden in der Gesellschaft weiter steigern, weil es keinen Frieden in den Gewissen gibt. Man betrügt die Seelen. Man spricht zu ihnen von einer Befreiung, die nicht die Befreiung Christi ist. Die Lehren Christi, seine Bergpredigt, die Seligpreisungen, die ein Gedicht der göttlichen Liebe sind, kennt man nicht. Man sucht nur eine irdische Glückseligkeit, die auf dieser Welt unerreichbar ist.
Die Seele, meine Kinder, ist für die Ewigkeit geschaffen worden. Hier sind wir nur vorübergehend. Macht euch keine Illusionen: Der Schmerz wird ein unzertrennlicher Weggefährte sein. Wer einzig darauf aus ist, nicht zu leiden, wird scheitern. Und vielleicht erreicht er dabei einzig, eigenen und fremden Verdruss zu vermehren. Keiner hat es gern, dass Menschen leiden. Es ist eine Pflicht der Liebe, sich nach seinen Möglichkeiten anzustrengen, die Leiden des Nächsten zu lindern. Aber der Christ muss es auch wagen zu sagen, dass der Schmerz eine Quelle des Segens, des Guten, der Stärke ist; dass er ein Beweis der Liebe Gottes ist; dass er Feuer ist, das uns reinigt und auf das ewige Glück vorbereitet. Ist das nicht das Zeichen, das uns der Engel gegeben hat, damit wir Jesus finden? »Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.«3
Wenn man das Leid annimmt, wie der Herr in Bethlehem und am Kreuz, und wenn man begreift, dass es eine Bekundung der Güte Gottes ist, seines erlösenden und erhabenen Willens, dann ist es nicht einmal mehr ein Kreuz, oder es ist jedenfalls das Kreuz Christi, das nicht schwer ist, weil Er selbst es trägt. »Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert.«4 Aber heute vergisst man diese Worte. »Denn viele – von denen ich oft zu euch gesprochen habe, doch jetzt unter Tränen spreche – leben als Feinde des Kreuzes Christi«5, indem sie scheußliche Kampagnen gegen Ihn, seine Lehre und seine Sakramente organisieren. Es gibt viele, die den Seinsgrund der Kirche ändern möchten, um aus ihr eine Institution mit zeitlichen Zielen zu machen, die anthropozentrisch ist, mit dem Menschen als dem hochmütigen Gipfel aller Dinge.
Weihnachten erinnert uns daran, dass der Herr Anfang, Ende und Mittelpunkt der Schöpfung ist: »Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.«6 Es ist Christus, meine Töchter und Söhne, der alle Geschöpfe an sich zieht: »Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist.«7 Durch seine Fleischwerdung, als Er kam, um unter uns zu wohnen8, hat Er uns gezeigt, dass wir nicht leben, um eine zeitliche, vergängliche Glückseligkeit zu suchen. Wir sind da, um die ewige Glückseligkeit zu erlangen, indem wir seinen Spuren folgen. Das wird uns nur gelingen, wenn wir von Ihm lernen.
Die Kirche war immer theozentrisch. Ihre Aufgabe besteht darin zu erreichen, dass alle geschaffenen Dinge durch Jesus Christus auf Gott als ihr Ziel hinstreben. »Er ist das Haupt, der Leib aber ist die Kirche. Er ist der Ursprung, der Erstgeborene der Toten; so hat Er in allem den Vorrang. Denn Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in Ihm wohnen, um durch Ihn alles auf Ihn hin zu versöhnen. Alles im Himmel und auf Erden wollte er zu Christus führen, der Frieden gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut.«9 Wir wollen Ihn auf den Thron erheben, nicht nur in unseren Herzen und in unserem Tun, sondern – durch unseren Wunsch und die apostolische Arbeit – hoch oben in allen Tätigkeiten der Menschen.
Fünfzig Jahre sind vergangen, und ich komme mir vor wie ein stammelndes Kind. Ich beginne von neuem, ich fange wieder von vorne an, jeden Tag. Und so bis zum Ende der Tage, die mir noch bleiben: immer wieder neu beginnen. Der Herr will es so, damit es bei keinem von uns Anlass für Stolz oder törichte Eitelkeit gibt. Wir müssen ständig auf Ihn schauen, an seinen Lippen hängen, die Ohren gespitzt, den Willen angespannt, in Bereitschaft, den göttlichen Eingebungen zu folgen.
Ein Blick zurück … Ein riesiges Panorama: so viele Leiden, so viele Freuden. Und jetzt sind es lauter Freuden, alles sind Freuden … Denn wir haben die Erfahrung, dass der Schmerz die Meißelschläge des Künstlers sind, der aus jedem, aus der gestaltlosen Masse, die wir sind, einen Gekreuzigten machen möchte, einen Christus, den alterChristus, der wir sein sollen.
Herr, danke für alles. Vielen Dank! Ich habe Dir gedankt, ich habe Dir laufend gedankt. Bevor ich den liturgischen Ruf wiederholte – gratias tibi, Deus, gratias tibi! –, habe ich es Dir mit dem Herzen gesagt. Und jetzt sind es viele Lippen, viele Herzen, die mit einer Stimme dasselbe wiederholen: gratias tibi, Deus, gratias tibi! Denn zu nichts anderem haben wir Grund als zu danken. Nichts darf uns betrüben; nichts Sorge bereiten; nichts auf der Welt die Ruhe rauben. In diesen Tagen sage ich allen, die aus Portugal kommen, dass sie ruhig bleiben sollen, und sie sind es.(a) Gib meinen Kindern Gelassenheit, die sie nicht verlieren, selbst wenn sie einen schweren Fehler begehen. Wenn sie merken, dass sie einen begangen haben, ist das schon eine Gnade, ein Licht des Himmels.
Gratias tibi, Deus, gratias tibi! Ein einziger Gesang der Danksagung soll das Leben eines jeden von uns sein, denn wie ist das Opus Dei Wirklichkeit geworden? Du hast es gemacht, Herr, mit vier armen Schluckern … »Stulta mundi, infirma mundi, et ea quae non sunt.«2 Die ganze Lehre des heiligen Paulus hat sich bewahrheitet. Du hast völlig unlogische, ungeeignete Mittel gesucht und hast das Werk über die ganze Welt ausgebreitet. Und nun sagt man Dir Dank überall in Europa, in Ländern Asiens und Afrikas, in ganz Amerika und in Ozeanien. Überall sagt man Dir Dank.
Ps 84, 2.
Hld 3, 2.
Ebd.
Vgl. Ps 90, 15.
Hld 5, 8.
Vgl. Gal 2, 20.
Ps 41, 2.
Jes 43, 1.
1 Sam 3, 6.
2 Kor 6, 8-10.
Augustinus, Soliloquia 1,1,3.
Lk 2, 12.
Mt 10, 38.
Phil 3, 18.
Joh 1, 1.
Joh 1, 3.
Vgl. Joh 1, 14.
Kol 1, 18-20.
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