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Es gibt 18 Nummer in «Im Zwiegespräch mit dem Herrn» deren Stichwort lautet Gebet.

Wenn du betest, mein Sohn – ich beziehe mich jetzt nicht auf dieses beständige Gebet, das den ganzen Tag über andauert, sondern auf die beiden festen Zeiten, die wir allein dem Umgang mit Gott widmen, abgeschirmt von allem Äußeren –, wenn du diese Betrachtung beginnst, dann versetze dich immer wieder in die Szene oder das Geheimnis, das du erwägen möchtest, was von vielen Umständen abhängig sein wird. Dann beginnst du, darüber nachzudenken und suchst alsbald ein Zwiegespräch mit dem Herrn, voll von Gefühlen der Liebe und des Schmerzes, des Dankes und dem Verlangen, besser zu werden. Auf diesem Weg sollst du zum Gebet der Ruhe finden, bei dem der Herr zu dir spricht, während du hinhörst auf das, was Gott dir sagen will. Wie deutlich spürt man dann diese inneren Anregungen und diese Hinweise, die die Glut der Seele entzünden.

Um das Gebet zu erleichtern, ist es angebracht, selbst das durch und durch Geistige zu materialisieren und zum Gleichnis Zuflucht zu nehmen; so hat Gott es uns gezeigt. Die Lehre muss über die Sinne in unseren Verstand und in unser Herz gelangen. Jetzt wird es dich also nicht wundern, dass ich so gern zu euch von der Weite des Meeres und von Booten spreche.

Meine Kinder, wir sind mit Christus in das Boot des Petrus gestiegen, in dieses Boot der Kirche, das so zerbrechlich und marode aussieht, aber von keinem Sturm zum Sinken gebracht werden kann. Und im Boot des Petrus müssen wir, du und ich, langsam, mit Bedacht darüber nachdenken: Herr, wozu bin ich in dieses Boot gestiegen?

Diese Frage betrifft dich besonders, seitdem du das Boot bestiegen hast, dieses Boot des Opus Dei, weil dir der Sinn danach stand – was ich für den übernatürlichsten aller Gründe halte. Ich liebe Dich, Herr, weil es mir passt. Dieses arme Herz hätte ich einem Geschöpf schenken können … aber nein! Ich lege es Dir ganz zu Füßen, jung, vibrierend, edel, rein, weil ich es eben so will!

Mit dem Herzen hast du Jesus auch deine Freiheit gegeben, und dein persönliches Ziel ist zweitrangig geworden. Du kannst dich frei in dem Boot bewegen, mit der Freiheit der Kinder Gottes5, die in der Wahrheit sind6 und den göttlichen Willen erfüllen7. Aber du darfst nicht vergessen, dass du immer innerhalb der Grenzen des Bootes bleiben musst. Und dies, weil es dir so gepasst hat. Ich wiederhole, was ich euch gestern oder vorgestern gesagt habe: Wenn du das Boot verlässt(a), wirst du in die Wogen des Meeres stürzen, wirst du den Tod finden, wirst du im Ozean untergehen und nicht weiter bei Christus sein, wirst du diese Gemeinschaft verlieren, die du freiwillig annahmst, als Er sie dir anbot.

Bedenke, mein Sohn, wie wohlgefällig dem Herrn der Weihrauch ist, der zu seiner Ehre verbrannt wird. Bedenke, wie wenig die Dinge der Erde wert sind, die kaum, dass sie begonnen haben, schon wieder zu Ende sind. Bedenke, dass wir Menschen, wir alle, nichts sind: »pulvis es, et in pulverem reverteris«8; wir werden wieder wie der Staub des Weges werden. Aber das Außerordentliche liegt darin, dass wir trotzdem nicht für die Erde leben und auch nicht für unsere Ehre, sondern für die Ehre Gottes, für den Ruhm Gottes, für den Dienst Gottes. Das ist es, was uns bewegt!

Wenn dir daher dein Stolz zuflüstert: Hier findest du keine Beachtung trotz deiner außergewöhnlichen Talente … hier wirst du nicht so viel Frucht bringen, wie du könntest … hier wirst du versauern, wirst du dich unnütz verbrauchen … Du, der du in das Boot des Werkes gestiegen bist, weil es dir so gepasst hat, weil dich Gott eindeutig gerufen hat – »niemand kann zu mir kommen, wenn ihn der Vater, der mich gesandt hat, nicht zieht«9 –, du musst dieser Gnade entsprechen, indem du dich verausgabst, indem du unsere freudige Überwindung, unsere Hingabe zu einem Opfer werden lässt, zu einem Brandopfer!

Mein Sohn, das Gleichnis hat dich schon davon überzeugt, dass du, wenn du Leben haben willst, ewiges Leben, wenn du die ewige Glückseligkeit, ewige Ehre haben willst, nicht vom Boot gehen darfst und oftmals dein persönliches Ziel beiseitelassen musst. Ich habe kein anderes als das gemeinschaftliche Ziel: Gehorsam.

Wie schön ist das: gehorchen! Aber fahren wir mit dem Gleichnis fort. Wir sind schon in diesem alten Boot, das seit zwanzig Jahrhunderten auf See ist ohne unterzugehen; in diesem Boot der Hingabe, des Dienstes an Gott. Und auf diesem ärmlichen Boot kommt dir der Gedanke, dass du ein Flugzeug besitzt, bei dem du dich genau auskennst, und du denkst: Wie weit kann ich damit kommen! Gut, dann geh und such dir einen Flugzeugträger, hier ist kein Bedarf für dein Flugzeug! Das muss dir ganz klar sein: Unsere Beharrlichkeit ist Frucht unserer Freiheit, unserer Hingabe, unserer Liebe, und sie fordert eine vollkommene Widmung. Auf dem Boot können wir nicht einfach tun, was uns in den Sinn kommt. Wenn man die ganze Ladung, die sich in seinem Rumpf befindet, an eine Stelle verlagert, dann sinkt das Boot; wenn alle Matrosen ihre konkrete Aufgabe unerfüllt lassen, dann geht das arme Schifflein zugrunde. Der Gehorsam ist notwendig; die Personen und die Dinge müssen an dem Ort sein, der ihnen zugewiesen wurde.

Mein Sohn, überzeuge dich ein für allemal, überzeuge dich, dass ein Verlassen des Bootes den Tod bedeutet. Und dass es, um auf dem Boot zu sein, notwendig ist, das Urteil zu unterwerfen. Eine tiefe Arbeit der Demut ist notwendig: sich hinzugeben, sich zu verbrennen, zum Brandopfer zu werden.

»Es ist gut, allezeit zu beten und nicht nachzulassen.«1 Das Gebet, meine Kinder, ist das Fundament jeder übernatürlichen Arbeit.

Schaut auf Jesus Christus, der unser Vorbild ist. Wie verhält Er sich bei bedeutenden Anlässen? Was berichtet das heilige Evangelium über Ihn? Vor Beginn seines öffentlichen Lebens zieht Er sich »vierzig Tage und vierzig Nächte«2 in die Wüste zurück, um zu beten. Später, als Er darangeht, endgültig die ersten Zwölf auszuwählen, »verbringt Er die ganze Nacht im Gebet zu Gott«3, wie der heilige Lukas berichtet. Und vor dem geöffneten Grab des Lazarus »erhob Er seine Augen zum Himmel und sprach: Vater ich danke Dir, dass Du mich erhört hast«4. Und was tut Er im vertrauten Beisammensein beim Letzten Abendmahl, in der Todesangst von Getsemani, in der Einsamkeit am Kreuz? Mit ausgebreiteten Armen spricht Er auch da mit dem Vater.

Betrachtet nun seine gebenedeite Mutter. Welches Beispiel hat sie gegeben? Als der Erzengel ihr die göttliche Botschaft überbringt, findet er sie ins Gebet versunken. Und wie war es bei den ersten Christen? Die Apostelgeschichte überliefert uns eine Szene, die ich besonders gernhabe, denn sie ist ein lebendiges Beispiel für uns. Deswegen ließ ich sie in vielen Kapellen und anderswo als Inschrift anbringen: »Sie hielten alle an der Lehre der Apostel fest, an der Gemeinschaft des Brotbrechens und am Gebet.«5

Was haben die Heiligen gemacht? Ich bin sicher, es hat keinen einzigen gegeben, der nicht gebetet hat. Keiner ist zur Ehre der Altäre gelangt, ohne ein Mensch des Gebetes gewesen zu sein.

Es gibt viele Arten zu beten. Ich möchte, dass euer Gebet das Gebet der Kinder Gottes ist und nicht das Gebet der Heuchler, die von Jesus zu hören bekommen: »Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr!, wird in das Himmelreich kommen«6. Wir erfüllen den Willen seines Vaters, wir haben Ihm ja unser ganzes Leben gewidmet. Unser Gebet, unser Ruf Herr, Herr! ist gepaart mit dem Wunsch, den Willen Gottes zu erfüllen. Dieses Rufen äußert sich auf tausend verschiedene Weisen: das ist Gebet, und das gerade wünsche ich für euch.

Kind meiner Seele! Wenn du in diesen Besinnungstagen ruhig über alles nachdenkst, was deine Brüder, was die Priester, die die Betrachtungen halten, dir sagen; wenn du ernsthaft und entschieden dein bisheriges Leben erforschst; wenn du den wirklich festen Vorsatz fasst, dich um ein Leben aus dem Gebet zu bemühen und das liebevolle Gespräch mit der ewigen Liebe zu suchen – dann versichere ich dir, dass du erreichst, was der Herr von dir wünscht: dass du eine Seele wirst, die Trost spendet und in der Stunde des Apostolates wirksam ist.

Die ersten Grundkenntnisse über das Gebet hast du schon in die Tat umgesetzt, nachdem du begonnen hast, die geistliche Leitung, wie sie im Opus Dei geübt wird, in Anspruch zu nehmen. Später hast du von deinen Brüdern viele wunderbare Ratschläge erhalten, die umzusetzen du versucht hast. Und jetzt, nach Jahren der Arbeit für den Herrn – seien es viele oder wenige –, weist dich der Vater erneut eindringlich auf das Gebet hin. Warum? Weil man ohne Gebet nicht heilig werden kann: Ich kenne kein anderes Rezept, um die Heiligkeit zu erlangen.

Falls du das nicht schon erlebt hast, wirst du bald erkennen, dass du, wenn du die Normen erfüllst, vom Morgen bis zum Abend und vom Abend bis zum Morgen betest, ohne es zu merken. Es sind Akte der Liebe, der Sühne, des Dankens; mit dem Herzen, mit dem Mund, mit kleinen Abtötungen, die die Seele entzünden.

Das alles kann man nicht als belanglos abtun. Es ist ständiges Gebet, liebevolles Zwiegespräch. Es wird dir keinerlei seelischen Schaden zufügen, denn für einen Christen soll es so natürlich und spontan sein wie das Schlagen des Herzens.

Wenn alles leicht von der Hand geht, dann sage: Danke, mein Gott! Kommt ein schwieriger Augenblick, dann sprich: Herr, verlass mich nicht! Und wie könnte es dir dieser Gott, der »gütig und von Herzen demütig«7 ist, abschlagen?

Ich möchte, dass unser ganzes Leben Gebet ist: angesichts des Angenehmen wie des Unangenehmen, des Trostes wie der Trostlosigkeit, etwa beim Verlust eines geliebten Menschen. Sprich über alles sofort mit Gott, deinem Vater, indem du den Herrn im Innern deiner Seele aufsuchst.

Dazu, mein Sohn, bedarf es einer klaren habituellen wie aktuellen Haltung der Abkehr von der Sünde. Entschieden und mit aller Kraft musst du die schwere Sünde verabscheuen. Und ebenso brauchst du eine tief wurzelnde Haltung der Verachtung der freiwilligen lässlichen Sünde.

Gott leitet unser Gebet, und du, mein Sohn, sprichst mit Ihm, wie man mit einem Bruder, mit einem Freund, mit einem Vater spricht; voll Vertrauen. Sag Ihm: Herr, Du bist die Größe selbst, die Güte, die Barmherzigkeit. Ich weiß, dass Du mich hörst! Deshalb liebe ich Dich immer mehr, mit all meiner Ungeschliffenheit, mit meinen armseligen Händen, die schmutzig sind vom Staub des Weges. Auf diese Weise ist die Selbstverleugnung ein Genuss. Was vorher vielleicht demütigend war, macht froh. So wird das Leben der Hingabe gelingen. Sich Gott so nahe zu wissen, ist ein großes Glück! Deswegen fühle ich mich stark und sicher, was immer auch geschehen mag, denn Du bist mein Fels und meine Burg.8

Vater, flüsterst du mir jetzt ins Ohr, was Sie uns da sagen, ist einerseits altbekannt und andererseits so hart … Und ich wiederhole dir erneut, dass es notwendig ist, ein Mensch des Gebetes zu sein. Nur so kannst du glücklich sein, selbst wenn man dich verkennt, selbst wenn du auf deinem Weg großen Schwierigkeiten begegnest.

Der Herr möchte, dass du auf Erden glücklich bist. Glücklich auch dann, wenn man dich vielleicht misshandelt und deine Ehre in den Schmutz zieht. Viele Leute empören sich, nicht selten wirst du angespuckt, und du bist »omnium peripsema«9, wie der Kehricht …

Das fällt schwer, mein Sohn, sehr schwer. Es ist hart, bis ein Mensch sich endlich zum Tabernakel begibt und sieht, wie er als Abschaum der Welt, als elender Wurm betrachtet wird, und aufrichtig sagt: Herr, wenn Du meine Ehre nicht brauchst, wozu will ich sie dann noch? Bis dahin weiß ein Sohn Gottes noch nicht, was es heißt, glücklich zu sein – bis er zu dieser Selbstentäußerung gelangt, zu dieser Hingabe, die Liebe ist, aber auf Schmerz und Buße gründet.

Ich möchte nicht, dass all das, was ich dir jetzt sage, über dich hinweggeht wie ein Sommergewitter: ein paar dicke Tropfen, dann wieder die Sonne und ein Weilchen später wieder Trockenheit. Nein, dieses Wasser soll in deine Seele eindringen, sich dort sammeln und auf göttliche Weise wirksam sein. Aber das wirst du nur erreichen, wenn du mich, der ich dein Vater bin, nicht allein beten lässt. Diese Zeit des Gesprächs, das wir gemeinsam hier ganz nahe beim Tabernakel führen, wird dann in dir eine fruchtbare Spur hinterlassen, wenn auch du, während ich spreche, in deinem Inneren sprichst. Während ich versuche, einen gemeinsamen Gedanken zu entwickeln, der euch allen nützlich sein kann, entwickelst du parallel dazu andere, intimere und persönlichere Gedanken. Auf der einen Seite überkommt dich die Scham, weil du es nicht verstanden hast, ganz und gar ein Mensch Gottes zu sein, auf der anderen Seite bist du voller Dankbarkeit, weil du trotz allem durch eine göttliche Berufung ausgewählt worden bist und weißt, dass dir niemals die Gnade des Himmels fehlen wird. Gott hat dir dieses Geschenk, die Berufung, gewährt, Er hat dich von Ewigkeit her auserwählt und dich deutlich jene Worte vernehmen lassen, die für mich wie Milch und Honig sind: »redemi te, et vocavi te nomine tuo: meus es tu!«10 Du gehörst Ihm, du gehörst dem Herrn. Wenn Er dir diese Gnade gewährt hat, wird Er dir auch die nötige Hilfe leisten, um als sein Sohn im Opus Dei treu zu sein.

Mit dieser deiner Loyalität, mein Sohn, wirst du dich bemühen, jeden Tag ein wenig besser zu werden, und du wirst das lebendige Vorbild eines Menschen des Opus Dei verkörpern. Das ist mein Wunsch, daran glaube ich, darauf hoffe ich. Und nachdem du den Vater über diesen unseren Geist beschaulicher Seelen hast sprechen hören, wirst du dich anstrengen, wirklich eine beschauliche Seele zu sein. Bitte jetzt Jesus darum: Herr, präge diese Wahrheiten meinem Leben ein, nicht nur meinem Verstand, sondern der Realität meines ganzen Daseins! Wenn du es so machst, dann versichere ich dir, dass du dir viele Leiden und Enttäuschungen ersparen wirst.

Wie viele Torheiten, wie viele Widrigkeiten verschwinden im Nu, wenn wir uns Gott im Gebet nähern, wenn wir mit Jesus sprechen, der uns fragt: Was ist los mit dir? – Mir ist folgendes passiert … und sofort die Erleuchtung. Oft geht uns auf, dass wir uns die Schwierigkeiten selbst erfinden. Du hältst ungeheuer viel von dir und meinst, dass du ganz außerordentliche Fähigkeiten besitzt. Wenn die anderen das nicht anerkennen, fühlst du dich gedemütigt, verletzt … Suche sofort das Gebet: Herr! … Und korrigiere dich. Es ist nie zu spät, sich zu korrigieren, aber tu es jetzt sofort. Dann wirst du erfahren, was es heißt, glücklich zu sein, auch dann, wenn du merkst, dass, wie bei einem Vogel, der zur Erde gefallen ist, an den Flügeln noch Lehm klebt, der erst trocknen muss. Durch Abtötung und Buße, durch das Bemühen, dir keine Ruhe zu gönnen, um deinen Brüdern das Leben angenehmer zu gestalten, wird dieser Lehm abfallen, und deine Flügel werden – verzeih mir den Vergleich, der mir gerade in den Sinn kommt – wie die eines Engels sein, rein und strahlend. Und es geht aufwärts!

Nicht wahr, mein Sohn, du bist dabei, konkrete Vorsätze zu fassen? Ist es nicht so, dass du dich im brüderlichen Gespräch und in der Beichte mit der übernatürlichen Einstellung, die man euch lehrt, sehen wirst, wie du bist, voll Demut vor Gott? Unterlasse es nie, in der geistlichen Begleitung davon zu sprechen, wie es um dein Gebetsleben, um dein Bewusstsein der Gegenwart Gottes, um deine Beschaulichkeit bestellt ist.

Wir wollen jetzt mit zwei Texten der Heiligen Schrift fortfahren, meine Kinder, der eine stammt vom heiligen Lukas, der andere vom heiligen Johannes. Der Herr hat seine ersten Jünger bei Booten und Netzen gefunden, und oft hat Er die Arbeit mit den Seelen mit der Arbeit der Fischer verglichen.

Erinnerst du dich an jenen wunderbaren Fischfang, bei dem die Netze zerrissen?3 Auch bei der apostolischen Arbeit reißt wegen unserer Unvollkommenheit manchmal das Netz. Der Fischfang ist zwar reichlich, aber nicht so groß, wie er hätte sein können.

Auf diesen apostolischen Fischfang, der auf alle Seelen abzielt, könnten wir jenen Text des heiligen Matthäus beziehen, der von einem Netz spricht, das, ins Meer geworfen, Fische sehr unterschiedlicher Art fängt4, Fische aller Größen und verschiedenster Qualität, denn in seinen Maschen hat alles Platz, was in den Wassern des Meeres schwimmt. Dieses Netz reißt nicht, mein Sohn, denn weder du noch ich, sondern unsere gute Mutter, das Werk, hat sich ans Fischen gemacht.

Aber ich wollte jetzt gar nicht von diesem Fischfang und von diesem riesigen Netz sprechen. Ich möchte vielmehr, dass du an das Netz denkst, von dem der heilige Johannes im 21. Kapitel spricht, als Simon Petrus ein Netz an Land zog und Jesus zu Füßen legte, das »mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt«5 war. In dieses Netz mit den großen, erlesenen Fischen hat dich Christus kraft der überragenden Gnade der Berufung gesteckt. Vielleicht hat Ihn ein Blick seiner Mutter so gerührt, dass Er dir durch die unbefleckten Hände der Jungfrau Maria diese großartige Gabe zukommen ließ.

Meine Kinder, schaut, wir befinden uns alle im selben Netz. Und das Netz befindet sich im Boot, das das Opus Dei ist, in dem man Demut, Hingabe, Arbeit und Liebe den ihnen gebührenden Platz gibt. Ist das nicht herrlich? Hast du das vielleicht verdient?

Das ist der Moment, um nochmals zu sagen: Ich will mich ins Boot setzen lassen, ich werde mich zurechtschneiden, zerlegen, zerteilen, abschleifen, verspeisen lassen! Ich gebe mich ganz hin! Sage Ihm das in aller Wahrheit! Manchmal entsteht der Eindruck, dass du, wenn man dir einen Hinweis gibt, um dir auf deinem Weg der Heiligung zu helfen, aus Stolz rebellierst. Denn du schätzt dein eigenes Urteil höher ein als das Urteil der Leiter, obwohl das nicht stimmen kann, weil niemand ein guter Richter in eigener Sache ist und der liebevolle Hinweis deiner Brüder als Zurechtweisung dich stört …

Gib dich hin! Verschenke dich ganz! Aber sage Jesus Christus: Da ist diese alte Erfahrung mit dem Stolz! Herr, mache mich demütig! Und Er wird dir antworten: Wenn du demütig sein willst, dann pflege Umgang mit mir. Dann wirst du mich erkennen und wirst dich erkennen. Erfülle die Frömmigkeitsnormen, die ich dir durch deinen Gründer gegeben habe. Beherzige diese Normen. Sei treu in deinem inneren Leben, sei eine Seele des Gebetes, eine Seele des Opfers. Und allen Hindernissen, an denen es in diesem Leben nicht fehlt, zum Trotz werde ich dich glücklich machen.

Mein Sohn, setze dein ganz persönliches Gebet fort, das nicht das Geräusch der Sprache braucht. Sprich mit dem Herrn von Angesicht zu Angesicht, du und Er allein. Das Gegenteil ist sehr bequem. In der Anonymität trauen sich die Leute tausend Dinge zu, die sie allein nicht wagen würden. So mancher verschüchterte Feigling zögert nicht, wenn er sich inmitten der Menge befindet, eine Handvoll Schlamm zu packen und jemanden damit zu bewerfen. Ich wünsche mir, dass du, mein Sohn, in der Einsamkeit deines Herzens, das ja in Wirklichkeit alles andere als einsam ist, deinem Vater Gott unter die Augen trittst und Ihm sagst: Ich gebe mich hin!

Sei kühn, sei tapfer, sei mutig! Fahre fort mit deinem persönlichen Gebet und gib Ihm dein Wort: Herr, nie wieder! Nie wieder dieses Zögern, dieses Schwierigkeiten-Vorschieben, dieser Widerstand gegen Deine Gnade. Ich möchte der gute Sauerteig sein, der den ganzen Teig durchsäuert.

Wir beginnen mit dem Einleitungsgebet: »Mein Herr und mein Gott, ich glaube fest, dass Du hier zugegen bist, dass Du mich siehst, dass Du mich hörst; ich bete Dich in tiefer Ehrfurcht an, ich bitte Dich um Verzeihung für meine Sünden« – und gleichzeitig, als Akt des Dankes und der Verehrung gegenüber der Gottesmutter, wollen wir nach diesem Gebet, das schon persönliches Beten ist, wie jeden Morgen und jeden Nachmittag betrachten, wie wir besser werden können.

Meine Kinder, heute, da mit dem neuen liturgischen Jahr eine Zeit voller Zuneigung zum Erlöser beginnt, ist ein guter Tag, um neu zu beginnen. Neu beginnen? Ja, neu beginnen. Ich beginne jeden Tag, jede Stunde, jedes Mal, wenn ich einen Reueakt verrichte. Und ich denke, dass du das auch tust.

»Ad te Domine levavi animam meam: Deus meus, in te confido, non erubescam«1, zu Dir, Herr, erhebe ich meine Seele, mein Gott, auf Dich vertraue ich. Lass mich nicht zuschanden werden! Ist dieses Vertrauen in Gott nicht die Stärke des Opus Dei? Im Laufe vieler Jahre haben wir in Augenblicken des Unverständnisses, ja des schonungslosen Unverständnisses so gebetet: »Non erubescam!« Aber wir sind nicht die einzigen Unverstandenen. Verständnislosigkeit erleiden alle, natürliche wie moralische Personen. Es gibt niemanden auf der Erde, der nicht mit oder ohne Berechtigung sagen könnte, dass er nicht verstanden wird, dass ihn Verwandte, Freunde, Nachbarn, Kollegen … nicht verstehen. Aber wenn er mit lauterer Absicht handelt, wird er sogleich sagen: »Ad te levavi animam meam« und mit dem Psalmisten fortfahren: »Etenim universi, qui te expectant, non confundetur«2, ja, alle, die auf dich harren, werden nicht zuschanden.

»In te confido …« Es handelt sich nicht mehr bloß um Unverständnis, sondern um Menschen, die hassen, die eine schlechte Absicht haben. Vor Jahren habe ich es nicht geglaubt, jetzt aber schon: »Neque irrideant me inimici mei«3: Lass meine Feinde mich nicht verlachen! Mein Sohn, Kind meiner Seele, sage Gott Dank dafür, dass Er diese Worte, die uns eine größere Stärke verleihen, in den Mund des Psalmisten gelegt hat. Und denke an jene Male, da du dich betroffen gefühlt und die Gelassenheit verloren hast, weil du dich nicht in der Lage sahst, dich an den Herrn zu wenden – Deus tuus, deinen Gott – und Ihm zu vertrauen.

Im inneren Kampf der Seele und im Kampf zur Ehre Gottes, um ein wirksames Apostolat im Dienst an Gott, den Menschen und der Kirche zu entfalten … dort in diesen Kämpfen habt Glauben und Vertrauen! »Aber Vater«, wirst du mich fragen, »wie verhält es sich dabei mit meinen Sünden?« Und ich antworte dir: Und was ist mit den Meinigen? So beten wir: »Ne respicias peccata nostra, sed fidem«4 und erinnern uns an die Worte aus der Heiligen Schrift: »Quia tu es, deus, fortitudo mea«5. Dann habe ich keine Angst mehr, weil Du, Herr, mehr auf meinen Glauben schaust als auf meine Erbärmlichkeit und weil Du meine Stärke bist. Und diese meine Kinder – ich bringe euch alle vor Gott – sind meine Stärke: sie sind stark, entschieden, sicher, gelassen, siegreich!

Aber auch demütig, demütig, weil wir den Ton, aus dem wir gemacht sind, sehr gut kennen und zumindest ein klein wenig unseres Stolzes und ein wenig unserer Sinnlichkeit haften bleibt. Und dabei wissen wir nicht alles. Wir wollen alles entdecken, was unseren Glauben, unsere Hoffnung, unsere Liebe behindert! Doch wir werden gelassen bleiben. Kurzum: Wir werden erahnen, dass wir bessere Kinder Gottes sind. So werden wir fähig sein, im neuen Jahr voranzukommen. Wir werden uns als Kinder Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes fühlen.

Uns hat der Herr den Weg zum Himmel gezeigt. Genauso wie Er Elija das unter der Asche verborgene gebackene Brot gab, hat Er es auch uns geschenkt, damit wir auf dem Weg vorangehen können. Dieser Weg kann der Weg eines Heiligen, eines Lauen oder – daran will ich gar nicht denken – eines schlechten Menschen sein. »Vias tuas, Domine, demonstra mihi; et semitas tuas edoce me«6: Zeige mir, Herr, Deine Wege, lehre mich Deine Pfade! Möchtest du darüber etwas mehr nachdenken?

Wenn ich mein Gebet mit lauter Stimme halte, geschieht das wie immer, damit ihr euch auf eure Weise anschließt und wir alle ein wenig Nutzen daraus ziehen. Ich möchte die Wurzel meines Lebens suchen: wie Gott unser Herr die Dinge langsam heranreifen ließ, so dass mein Leben normal und alltäglich verlief, ohne irgendwelche Besonderheiten.

Er ließ mich in einem christlichen Zuhause zur Welt kommen, wie es in meiner Heimat die Regel ist, mit vorbildlichen Eltern, die ihren Glauben praktizierten und lebten, mir von klein auf sehr viel Freiheit ließen und dabei doch sorgsam auf mich achtgaben. Sie bemühten sich, mir eine christliche Bildung mitzugeben. Ich habe diese mehr von ihnen erworben als in der Schule, obwohl sie mich zu Ordensschwestern schickten, sobald ich drei Jahre alt war, und zu Patres, als ich sieben war.

Wie wollen wir heute Heiligabend verbringen, den Abend, an dem Weihnachten gefeiert wird? An erster Stelle werden wir einfach beten, was uns wunderbar leichtfällt, weil wir uns als Kinder Gottes wissen, als von Gott über alles geliebte Kinder.

Der heilige Paulus wendet sich mit folgenden Worten an die Korinther: »Si qua ergo in Christo nova creatura, vetera transierunt: ecce facta sunt omnia nova. Omnia autem ex Deo, qui nos reconciliavit sibi per Christum«1. Wenn also jemand in Christus ist, dann ist aller Schmutz weggewaschen, alles Alte, alles, was befleckt, alles, was einen hat leiden lassen. Von nun an beginnt tatsächlich ein neues Leben. Das haben wir Ihm häufig gesagt. Es mag zwar scheinen, dass davon bloß der Wunsch übriggeblieben ist. Dennoch sind wir immer ein Stück vorangekommen. Und in dieser Heiligen Nacht wird uns der Herr durch seine Mutter viele neue Gnaden schenken, damit wir in der Liebe und Gotteskindschaft wachsen.

Wir wollen den Herrn darum bitten, uns zu helfen, damit wir zu unterscheiden lernen zwischen dem, was seiner Verherrlichung dient, und dem, was Ihn beleidigt. Er mag uns auch zu erkennen helfen, was für uns Menschen gut und was schlecht ist, was uns glücklich macht und was uns das Glück raubt, das ewige und dasjenige, das wir hier auf Erden erreichen können.

Und warum sollen wir immer beten? Die Antwort darauf gibt uns der Herr aus dem Munde des Propheten Jeremias: »Orabitis me, et ego exaudiam vos.«8 Immer, wenn ihr euch an mich wendet, immer wenn ihr betet, höre ich euch. »Exaudi, Domine, vocem meam«9. Ich werde euch aufmerksam zuhören. Jesus Christus selbst, der unser Vorbild ist, ruft zum Vater. Seht ihr, wie Er, der eins mit dem Vater ist – es ist unmöglich, Ihn vom Vater und vom Heiligen Geist zu trennen –, vor jeder Wunderheilung sein Herz im Gebet zum Vater erhebt? Und als Er sich daran macht, die Zwölf auszuwählen, verbrachte Er die ganze Nacht im Gebet, »pernoctans in oratione«10.

Daher müssen wir beten und zwar immer. Dies ist unser Vorsatz heute Abend. Und wie beten wir? Indem wir danksagen. Lasst uns Gott Vater danken und Gott Sohn, der wegen unserer Sünden ein Kind wurde, sich entäußerte, in Bethlehem und am Kreuz litt, Letzteres mit offenen, ausgebreiteten Armen in der Geste des Ewigen Hohenpriesters. Ich mag keine Christusdarstellungen, bei denen Er gekrümmt, sich am Kreuz aufbäumend, voller Ingrimm ist. Das stimmt nicht! Er litt für unsere Sünden als Mensch und so empfand Er auch all die Schmerzen, die Ihm zugefügt wurden: die Geißelhiebe, die Dornenkrönung, die Ohrfeigen, die Verspottung … Aber Er hängt am Kreuz mit der Würde des Ewigen Hohenpriesters, ohne Vater, ohne Mutter, ohne Stammbaum. Dort gibt Er sich hin und leidet aus Liebe. Ich danke Ihm dafür, denn durch Ihn, mit Ihm und in Ihm darf ich mich Kind Gottes nennen. Das ist ein weiterer Punkt, den es zu bedenken gilt: Dankzusagen, trotz unserer Erbärmlichkeit und unserer Sünden.

Außerdem gilt es zu bitten. Und worum sollen wir bitten? Was erbittet ein Kind von seinem Vater? Den Mond und weitere absurde Dinge! »Bittet und es wird euch gegeben (…); klopft an und es wird euch geöffnet.«11 Was könnten wir nicht von Gott erbitten? Unsere Eltern haben wir um alles gebeten. Bittet um den Mond und er wird euch gegeben; bittet ohne Angst um alles, was ihr wollt. Er wird es euch immer geben, auf die eine oder die andere Weise. »Quaerite primum regnum Dei …«12 Sucht zuerst das, was der Verherrlichung Gottes dient und aus Gerechtigkeit den Menschen gegenüber erbeten werden soll, was verbindet, sie nach oben zieht, sie vereint. Und alles andere wird Er uns dazugeben!

Meine Kinder, ich komme zum Ende. Ich habe nichts Eigenes gesagt. Alles ist in der Heiligen Schrift enthalten: Es ist der Geist Jesu Christi, den Er für sein Werk haben wollte.

Frohe Weihnachten! Gott segne euch! Bevor ich jetzt gehe, gebe ich euch den Segen.

Ihr, meine Kinder, und ich, wir müssen in der Welt, mitten auf der Straße, in unserer beruflichen Arbeit, jeder in der seinen, beschauliche Seelen sein, Seelen, die beständig mit dem Herrn sprechen, ob nun etwas Gutes oder etwas scheinbar Schlechtes geschieht; denn einem Sohn Gottes gereicht alles zum Guten. Den Leuten erscheint alles übermäßig schwer, sobald Dinge kommen, die nicht gut sind. Wenn wir mit Jesus Umgang haben, wenn wir mit Jesus Christus, unserem Herrn und unserer Liebe, innig befreundet sind, dann gibt es für uns keine Widrigkeiten und keine schlechten Ereignisse: omnia in bonum! 1

Mit Christus innig befreundet sein bedeutet, Seelen des Gebetes zu sein. Ihr müsst lernen, mit dem Herrn vom Morgen bis zum Abend Umgang zu pflegen. Ihr müsst lernen, während des ganzen Tages zu beten. Ihr werdet sehen, welchen Trost das gibt, welche Freude und wie gut es euch gehen wird! Außerdem will Er es so. Ich habe da in meinem Kalender einige Texte der Schrift, die ich oft zu lesen und zu betrachten pflege. Ich hätte gern, dass ihr das auch tut. Denn wenn ich euch sage, dass es angezeigt ist, mit unserem Herrn im Gebet Umgang zu pflegen, dann ist das von Bedeutung: Ich bin ein alter Priester, fast siebzig Jahre alt. Außerdem bin ich der Vater, den Gott für euch auf Erden hier in dieser großen Familie des Werkes ausgewählt hat. Ich liebe euch aus ganzer Seele, ich kann euch nicht einfach irgend etwas sagen … Vor allem aber, seht: Nicht nur ich sage euch das; es ist der Herr selbst, der es sagt.

»Et omnia quaecumque petieritis in oratione credentes accipietis.«2 Das schreibt der heilige Matthäus: Alles, um was ihr mich im Gebet voll Glauben bittet, werdet ihr erhalten. Und wir brauchen vieles. Diese Familie des Opus Dei, die sich über die ganze Welt ausgebreitet hat, braucht viel Segen Gottes im kommenden Jahr. Wir wollen aus ganzer Seele und voll Glauben bitten. Jeder für sich wird dem Herrn liebevoll in der vertrauten Einsamkeit des Herzens sagen: Jesus, wir wollen dies … Ihr sagt: Wir wollen, was der Vater will, und so seid ihr schneller fertig, nicht wahr? Denn ich will außerdem, was Er will. So steht Er unter großem Druck.

»Iterum dico vobis«, so sagt uns der heilige Matthäus, »quia, si duo ex vobis consenserint super terram, de omni re quamcumque petierint fiet illis a Patre meo qui in caelis est.«3 Es genügt, dass zwei sich auf eine Bitte einigen – und wir sind Tausende, die um dasselbe bitten. Wie sicher müssen wir uns unserer Sache sein! Wie sicher ist unsere Hoffnung! Eine wahrhaft göttliche, übernatürliche Hoffnung, denn sie stützt sich auf die Liebe, auf den Glauben und auf die Worte Jesu selbst.

Meine Kinder, »omnia quaecumque orantes petitis, credite quia accipietis, et evenient vobis«5. So schreibt der heilige Markus: Alles, was ihr im Gebet erbittet, alles!, glaubt, dass es euch gegeben wird. Wir wollen gemeinsam bitten! Und wie bittet man Gott, unseren Herrn? So wie man eine Mutter bittet, wie man einen Bruder bittet: manchmal durch einen Blick, andere Male durch eine Geste, andere Male wieder durch unser gutes Verhalten, damit sie zufrieden sind und unsere Liebe merken, andere Male mit Worten. Also so, betet so. Alle Arten, uns mit einer anderen Person zu verständigen, müssen wir einsetzen, um zu beten und mit Gott Umgang zu pflegen.

Der heilige Lukas schreibt: »omnis enim qui petit accipit, et qui quaerit invenit, et pulsanti aperietur«6. Jeden, der um etwas bittet, erhört der Herr. Aber wir müssen voll Glauben bitten, wie ich zuvor schon gesagt habe, und das umso mehr, wenn wir wenigstens zwei sind, und hier sind wir so viele Tausend.

»Si quid petieritis Patrem in nomine meo, dabit vobis«7. Das ist vom heiligen Johannes: Wenn ihr den Vater um irgendetwas in meinem Namen bittet, so wird Er es euch geben; im Namen Jesu. Wenn ihr Ihn jeden Tag in der Eucharistie empfangt, so sagt Ihm: Herr, in Deinem Namen bitte ich den Vater … Und ihr bittet um all das, was angebracht ist, damit wir der Kirche Gottes besser dienen und besser für die Ehre des Herrn arbeiten können, für die des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, für die der Heiligsten Dreifaltigkeit, die ein einziger Gott ist.

»Petite et accipietis, ut gaudium vestrum sit plenum«8: Bittet, und ihr werdet empfangen und von Freude erfüllt sein. Dieses gaudium cum pace, um das wir jeden Tag in den Preces(a) bitten, ist im Leben eines Sohnes Gottes mit seinen Kämpfen, kleinen Dummheiten und Irrtümern Wirklichkeit, wenn er sich nur dem Herrn gegenüber so verhält, wie es sich gehört, weil er Ihn liebt und gernhat. Ich begehe so viele Irrtümer, da werdet auch ihr den einen oder anderen begehen. Diesem meinem Sohn wird Er unvermeidlich geben, worum er Ihn bittet, und außerdem wird Er ihm eine Freude schenken, die nichts auf der Erde aus seinem Herzen reißen kann.

Die Magier sind nach Bethlehem gekommen. Die apokryphen Evangelien, die im allgemeinen fromme Beachtung, aber keinen Glauben verdienen, erzählen, wie sie ihre Gaben dem Kind zu Füßen legen, Es vorbehaltlos anbeten, obwohl sie den König, den sie gesucht haben, nicht in einem königlichen Palast finden, umgeben von zahlreicher Dienerschaft, sondern in einer Krippe, zwischen einem Ochsen und einem Esel, in Windeln gewickelt, auf den Armen seiner Mutter und des heiligen Josef, wie irgend ein Geschöpf, das gerade zur Welt gekommen ist.

Der heilige Matthäus schreibt am Schluss des Abschnitts des Evangeliums, den uns die Kirche heute lesen lässt: »Nachdem sie im Traum die Weisung erhielten, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg in ihre Heimat zurück.«5 Es sind außergewöhnliche Menschen ihrer Zeit, die im Besitz einer anerkannten Wissenschaft stehen und gleichwohl einen Traum beachten. Wiederum ist ihr Verhalten wenig logisch. Wieviel menschlich Unlogisches, das aber voll göttlicher Logik ist, gibt es auch in unserem Leben!

Meine Kinder, nähern wir uns der Gruppe, die diese Dreifaltigkeit der Erde bildet: Jesus, Maria und Josef. Ich stelle mich in einen Winkel. Ich wage es nicht, mich Jesus zu nähern, denn all mein vergangenes und gegenwärtiges Elend steht vor mir auf. Irgendwie schäme ich mich, aber ich verstehe auch, dass Jesus Christus mir einen liebevollen Blick zuwirft. Dann wende ich mich an seine Mutter und an den heiligen Josef, diesen Menschen, der Jahrhunderte hindurch ignoriert wurde und Ihm auf Erden Vater war. Und zu Jesus sage ich: Herr, ich möchte wirklich Dir gehören; dass meine Gedanken, meine Werke, mein ganzes Leben Dein sind. Aber Du siehst ja: Dieses armselige menschliche Elend hat mich so oft in die Irre gehen lassen …

Ich hätte gern vom ersten Augenblick an Dir gehört: seit dem ersten Schlag meines Herzens, seit dem ersten Augenblick, da mein Verstand sich regte. Ich bin nicht würdig – und ohne Deine Hilfe werde ich es nie sein –, Dein Bruder, Dein Sohn, Deine Liebe zu sein. Du hingegen bist sehr wohl mein Bruder und meine Liebe, und ich bin auch Dein Sohn.

Und wenn ich Christus nicht nehmen und an meine Brust drücken kann, dann mache ich mich klein. Denn das können wir, und es hat in unserem Geist Platz, es passt zur Atmosphäre unserer Familie. Ich mache mich klein und gehe zu Maria. Wenn sie ihren Sohn Jesus auf ihrem rechten Arm hält, dann werde ich, der ich auch ihr Sohn bin, dort ebenfalls einen Platz finden. Die Mutter Gottes wird mich auf ihren anderen Arm nehmen und wird uns zusammen an ihre Brust drücken.

Verzeiht, meine Kinder, dass ich euch diese Dinge sage, die wie Dummheiten klingen. Aber sind wir nicht beschaulich? Eine Überlegung dieser Art kann uns, wenn es notwendig ist, helfen, das Leben wiederzuerlangen; sie kann uns unendlich viel Trost und unendliche Stärke geben.

Vor dem Herrn, vor allem aber vor dem Herrn als wehrlosem, hilfsbedürftigem Kind, wird alles Reinheit sein. Und wenn ich auch erkenne, dass ich wie alle Menschen die Möglichkeit habe, Ihn zu beleidigen, ein Tier zu sein, so ist das nicht beschämend, wenn es uns hilft, zu kämpfen und unsere Liebe zu zeigen; wenn es uns Gelegenheit gibt, allen Menschen, allen Geschöpfen brüderlich zu begegnen.

Es ist notwendig, ständig einen Akt der Reue, der Umkehr, der Besserung zu erwecken, ein fortwährendes Aufwärtssteigen. Ja, Herr, der Du uns hörst: Du hast zugelassen, dass nach dem Fall des Menschengeschlechts in unseren Stammeltern dieses Geschöpf, das Mensch heißt, sich wie ein Tier benimmt. Wenn ich daher einmal nicht in den Armen Deiner Mutter und an Deiner Seite sein kann, dann werde ich mich neben das Maultier und neben den Ochsen stellen, die Dir im Stall Gesellschaft geleistet haben. Ich werde der Hund der Familie sein. Dort werde ich Dich mit sanften Augen anschauen und versuchen, dieses Zuhause sozusagen zu verteidigen. So werde ich an Deiner Seite die Wärme finden, die reinigt, die Liebe Gottes, die aus dem Tier, das wir Menschen alle in uns tragen, einen Sohn Gottes macht, etwas, was mit keiner Würde der Erde verglichen werden kann.

Unser Leben, meine Kinder, ist das Leben eines kleinen braven und guten Esels, der sich manchmal, die Füße nach oben, auf dem Boden wälzt und sein Iah von sich gibt. Normalerweise aber ist er treu, trägt die Last, die man ihm auflegt, und ist zufrieden mit dem immer gleichen kargen und spärlichen Fressen. Und er hat eine harte Haut, um zu arbeiten. Die Gestalt des kleinen Esels rührt mich. Er ist loyal und wirft die Last nicht ab. Ich bin ein kleiner Esel, Herr: Hier bin ich. Glaubt nicht, meine Kinder, dass das eine Torheit ist. Es ist keine. Ich zeige euch die Gebetsweise, die ich anwende und die in Ordnung ist.

Ich halte meinen Rücken der Mutter Gottes hin, die ihren Sohn auf den Armen trägt, und wir ziehen nach Ägypten. Später werde ich Ihm neuerlich den Rücken anbieten, damit er darauf Platz nimmt: »perfectus Deus, perfectus Homo«6. So werde ich mich in den Thron Gottes verwandeln.

Welchen Frieden geben mir diese Erwägungen! Welchen Frieden muss uns das Wissen geben, dass der Herr uns immer verzeiht, uns so sehr liebt, dass Er die menschlichen Schwächen so genau kennt, dass Er weiß, aus welch erbärmlichem Ton wir gebildet sind. Aber Er weiß auch, dass Er uns den Atem eingehaucht hat, das Leben, das göttlich ist. Über diese Gabe hinaus, die zur Ordnung der Natur gehört, hat der Herr uns die Gnade eingegossen, die uns erlaubt, sein eigenes Leben zu leben. Und Er gibt uns die Sakramente, Aquädukte dieser göttlichen Gnade: in erster Linie die Taufe, durch die wir eintreten, um dieser Familie Gottes anzugehören.

Ich kann euch nicht verhehlen, meine Kinder, dass ich leide, wenn ich sehe, wie man anordnet, die Spendung der Taufe der Kinder aufzuschieben; wenn ich feststelle, dass einige sich weigern, sie zu taufen, wenn nicht eine Reihe von Garantien gegeben sind, die viele Eltern schwerlich werden erbringen können. So lassen sie sie Heiden bleiben, »Gefäße des Zornes«7, Sklaven Satans. Ich leide sehr, wenn ich sehe, dass die Taufe der Neugeborenen mit voller Absicht hinausgeschoben wird, weil sie es vorziehen, später eine Zeremonie zu feiern – mit der Gemeinde, wie sie sagen – mit vielen Kindern auf einmal, als würde Gott das brauchen, um in jeder Seele seine Wohnung zu nehmen.

Dann denke ich an meine Eltern, die am selben Tag getauft wurden, an dem sie zur Welt kamen, obwohl sie gesund waren. Und meine Großeltern waren nichts weiter als gute Christen. Jetzt hingegen wird die Herde Gottes von einigen, die sich für eine Autorität halten, darin unterwiesen, von Anfang an Kälte zu zeigen, wie schlechte Gläubige.

Erinnern wir uns an unsere Verstorbenen. Ich denke an meine Eltern, die wir, ohne dass sie daran schuld waren, leiden ließen, auch wenn es manchmal notwendig war. Der Herr möge es ihnen im Himmel großzügig vergelten. Denken wir an unsere Brüder, die schon in der Herrlichkeit sind. Ich bitte sie, da sie ja zur triumphierenden Kirche gehören – jawohl, zur triumphierenden Kirche, es ist nicht wahr, dass sie nicht triumphiert! –, sie mögen sich mit jenen, die im Fegefeuer sind, vereinigen und danken helfen – uns, die wir auf Erden unterwegs sind und daher das Risiko laufen, nicht ans Ziel zu gelangen.

Immer ein Ritornello: ut sit!, ut sit!, ut sit! Gratias tibi, Deus, gratias tibi! Wir leiden, aber wir sind nicht unglücklich. Wir leben im Glück, auf Deine Hilfe zu bauen. Pro universis beneficiis tuis, etiam ignotis. Ich habe nichts: keine menschliche Eignung, keine Ehre, keine Verdienste … Aber dann gewährst Du mir alles: wann Du willst, wie Du willst. Mein Gott, Du bist Liebe!

Folgt dem Gang meiner Worte höchstens am Rande, meine Kinder. Jeder soll das Gebet halten, wie es ihm am besten liegt. Im Werk haben alle persönlichen Wege Platz, die zu Gott führen.

Wir sind in Sorge um Deine heilige Kirche. Das Werk macht mir keine Sorgen. Es ist voller Blüten und Früchte. Es ist ein laubreicher Wald, der sich leicht verpflanzen lässt und an allen Orten Wurzeln schlägt, in allen Rassen, in allen Familien. Vierundvierzig Jahre! Das Werk macht mir keine Sorgen. Aber wieso bin ich nicht schon tausendmal gestorben? Mir kommt es vor, als hätte ich geträumt: ein Traum ohne die Farben jener braunen Erde Kastiliens und auch ohne die meiner guten aragonischen Erde. In diesem Traum war ich zu vorsichtig, denn Du, Herr, gewährst immer mehr. Es gehört sich, dass meine Kinder aus diesem Mund, aus diesem befleckten Mund, immer und immer wieder Worte hören, die sie großzügig davon träumen lassen, wie dieser gewaltige Strom, fluvium pacis1, überall auf der Welt über die Ufer tritt. Träumt, und immer werden eure Träume hinter der Wirklichkeit zurückbleiben.

Herr, Du bist froh, wenn wir uns mit unserem Aussatz an Dich wenden, mit unserer Schwäche, mit unserem Schmerz und mit unserer Reue; wenn wir Dir unsere Wunden zeigen, damit Du sie heilst, damit Du die Hässlichkeit unseres Lebens zum Verschwinden bringst. Sei gepriesen!

Mach, dass alle meine Kinder verstehen, dass wir die Pflicht haben, Dir Genugtuung zu leisten, auch wenn wir aus trockenem Lehm sind, manchmal zerbrechen und es notwendig ist, dass uns die anderen stützen. Hilf uns, unseren Liebespflichten treu zu bleiben, denn Du bist die Stärke, auf die unsere Schwäche angewiesen ist, besonders wenn man der Grausamkeit der Feinde in der Schlacht ausgesetzt ist.

Ich fasse den Vorsatz, aufs neue fünf Marienheiligtümer in Buße und Danksagung zu besuchen, wenn Du endlich Abhilfe schaffst – damit beginnst, Abhilfe zu schaffen. Ich weiß schon, dass Du als erstes willst, dass wir uns an Deine Mutter wenden – »Ecce Mater tua!«24 – und an unsere Mutter. Ich werde es im Geist der Liebe, der Dankbarkeit und der Wiedergutmachung tun, ohne Aufsehen.

Gib, dass wir hart gegen uns selbst sind und verständnisvoll gegenüber den anderen. Gib, dass wir nicht müde werden, die gute Glaubenslehre in das Herz der Seelen zu säen, »opportune, importune«25, jederzeit, mit unseren Gedanken, die uns in Deine Gegenwart versetzen, mit unseren brennenden Wünschen, mit unserem stürmischen Wort, mit unserem Leben als Deine Kinder.

Gib, dass wir allen bewusst machen, dass es die herrliche, wunderbare Möglichkeit gibt, mit Dir Umgang zu pflegen, ohne Gefühlsduselei. Das, was Du uns gibst – suche ich es mit Freuden? Herr, sei gepriesen! Wenn Du nicht willst, dann gib uns diesen Trost nicht, aber wir können nicht denken, dass es schlecht ist, ihn zu wünschen. Es ist gut, wie wenn wir den Geschmack einer Frucht begehren, einer Nahrung. Kinder, es gehört zu Gottes Wirkweise, dass Er diesen Ansporn gibt.

Gib, dass uns die göttlichen Tröstungen nicht fehlen und wir – wenn Du willst, dass wir ihrer entbehren – begreifen, dass Du uns wie Erwachsene behandelst, statt uns wie einem Neugeborenen Milch zu geben oder einen Brei wie dem Kleinkind, das gerade die ersten Zähne bekommen hat. Gewähre uns die Gelassenheit, die daher kommt, dass wir verstehen, dass Du uns feste Nahrung gibst, weil wir uns schon allein zurechtfinden können. Aber ich bitte Dich, dass Du uns gnädig eine Fingerspitze voll Honig gewährst, denn diese Zeit ist so leidvoll für alle.

Ich bitte Dich durch die Vermittlung Mariens und nehme meinen Vater und Herrn, den heiligen Josef, als Fürsprecher, ich rufe zu allen Engeln und Heiligen und zu den Seelen, die in Deiner Glorie sind und sich Deiner Anschauung erfreuen, sie mögen für uns eintreten, damit Du uns die Gaben des Heiligen Geistes sendest.

Ich bitte Dich auch, uns begreifen zu lassen, dass Du es bist, der im Sakrament des Altares zu uns kommt, und dass Du, mein Gott, nicht weggehst, wenn sich die eucharistischen Gestalten auflösen: Du bleibst! Dann beginnt in uns das Wirken des Trösters. Und niemals ist eine Person allein: da sind die Drei, der einzige Gott. Dieser Leib und diese Seele, dieses arme Geschöpf, dieser arme Mensch, der ich bin, soll sich immer dessen bewusst sein, dass er gleichsam ein Tabernakel ist, in dem die Heiligste Dreifaltigkeit wohnt.

Meine Töchter und Söhne, sprecht mit mir: Ich glaube an Gott Vater, ich glaube an Gott Sohn, ich glaube an Gott Heiliger Geist, ich glaube an die Heiligste Dreifaltigkeit. Und mit der Hilfe meiner Mutter, der heiligen Maria, werde ich kämpfen, um so voller Liebe zu sein, dass ich in dieser Wüste zu einer großen Oase werde, in der Gott Erquickung finden kann. »Cor contritum et humiliatum, Deus, non despicies!«26 Der Herr lässt die bußfertigen und demütigen Herzen nicht im Stich.

Persönliche Heiligkeit: darauf kommt es an, meine Töchter und Söhne, sie ist das einzig Notwendige.6 Die Weisheit besteht darin, Gott zu kennen und zu lieben. Und damit ihr nie eine Überraschung erlebt, will ich euch mit dem heiligen Paulus daran erinnern, dass wir diesen Schatz in irdenen Gefäßen tragen: »habemus autem thesaurum istum in vasis fictilibus«7. Das Gefäß ist so schwach, dass es leicht zerbricht, »ut sublimitas sit virtutis Dei et non ex nobis«8, damit man erkennt, dass diese ganze Schönheit und diese Macht von Gott sind und nicht von uns. In der Heiligen Schrift heißt es auch: »Das Herz des Toren gleicht einem zerbrochenen Krug: es fasst keine Weisheit.«9 Damit lehrt uns der Heilige Geist, dass wir nicht wie Kinder oder wie Toren sein dürfen. Wir sollen stark sein: Kinder Gottes. Wir werden bei unserer Arbeit und im Beruf ständig in der Gegenwart Gottes leben, die uns dazu führt, auf die Vollkommenheit in den kleinen Dingen zu achten. Wir müssen dafür sorgen, dass das Gefäß heil bleibt, damit diese göttliche Essenz nicht verschüttet wird.

Das Gefäß zerbricht nicht, wenn wir alles, selbst unsere Leidenschaften, auf Gott ausrichten. In sich betrachtet, sind die Leidenschaften weder gut noch böse. Es hängt von jedem Einzelnen ab, ob er sie zähmt. Dann sind sie gut, selbst wenn es nur aus diesem negativen Grund wäre: »quia virtus in infirmitate perficitur«10. Denn wenn wir diese Krankheit im Bereich der Sitten spüren, dann aber siegen und wieder gesund werden, erlangen wir innigeren Umgang mit Gott, mehr Heiligkeit.

Mein Gott, es gibt viele Menschen, viele – auch solche, die eigentlich die Seelen davon überzeugen sollten, diesen inneren Weg einzuschlagen –, die uns anschauen, als wären wir verrückt oder komische Vögel. Denn sie glauben in keiner Weise, dass man zu diesem innigen Umgang mit dem Herrn gelangen kann. Es ist traurig, dass ich euch das sagen muss, aber es ist wahr.

Ihr wisst, dass man sehr wohl zu einer solchen Freundschaft gelangen kann und gelangen soll; dass sie für unsere Seele ein Bedürfnis darstellt. Wenn ihr diesen Umgang mit Gott nicht habt, werdet ihr nicht wirksam sein und den großen Dienst an der Kirche, an euren Geschwistern und an allen Seelen nicht leisten können, den der Herr und das Werk erwarten.

Nehmt das, was ich euch sage, mit in euer Gebet. Haltet im Licht, das euch der Heilige Geist gewährt, Einkehr in eurem Herzen, um alles auszumerzen, was das Gefäß zerbrechen und euch die Einheit des Lebens rauben könnte. Ihr müsst Menschen sein – und daran erinnere ich euch immer wieder –, die sich nicht wundern, wenn sie spüren, dass sie in sich ein wildes Tier beherbergen.

An diesem wunderschönen Tabernakel, den meine Kinder mit so viel Liebe angefertigt und den wir hier aufgestellt haben, als wir nicht einmal Geld zum Essen hatten; an diesem Prunkstück, das mir armselig vorkommt und tatsächlich armselig ist, weil es darum geht, Dich zu beherbergen; hier habe ich zwei, drei Details anbringen lassen. Das interessanteste ist das Wort über der Tür: »consummati in unum!«3 Ist es doch, als wären wir alle hier, an Dich geschmiegt, ohne von Dir zu weichen, bei Tag und bei Nacht, in einem Gesang der Danksagung und – warum nicht? – der Bitte um Verzeihung. Vielleicht bist Du ungehalten, wenn ich das sage. Du hast uns immer verziehen; immer bist Du bereit, die Fehler und die Verirrungen zu verzeihen, die Auswirkungen der Sinnlichkeit und des Stolzes.

Consummati in unum! Um zu sühnen … um Dir wohlgefällig zu sein … um Dir zu danken, denn das ist eine vorrangige Pflicht. Es ist nicht eine Pflicht dieses Augenblicks, von heute, von morgen, nein. Es ist eine ständige Pflicht, eine Äußerung des übernatürlichen Lebens, eine menschliche und göttliche Art, Deiner Liebe zu entsprechen, die göttlich und menschlich ist.

Sancta Maria, Spes nostra, Sedes sapientiae! Gib uns die Weisheit des Himmels, damit wir uns so verhalten, wie es wohlgefällig ist in den Augen Deines Sohnes und des Vaters und des Heiligen Geistes, des einen Gottes, der lebt und herrscht in alle Ewigkeit.

Heiliger Josef, ich kann dich nicht von Jesus und Maria trennen. Heiliger Josef, ich hatte immer Verehrung zu Dir, aber mir ist klar, dass ich dich täglich mehr lieben und diese Liebe in alle Himmelsrichtungen hinausrufen muss, denn so zeigen die Menschen ihre Liebe. Sie sagen: Ich liebe dich! Heiliger Josef, Vater und Herr, an wie vielen Orten werden sie schon zu dir gerufen und dir dasselbe gesagt haben, denselben Satz, dieselben Worte! Heiliger Josef, unser Vater und Herr, tritt ein für uns.

Das christliche Leben auf dieser heidnisch gewordenen Erde, auf dieser vom Wahnsinn befallenen Erde, in dieser Kirche, die nicht Deine Kirche zu sein scheint, weil sie überall wie verrückt sind – sie hören nicht hin, man gewinnt den Eindruck, dass sie an Dir kein Interesse haben; dass sie Dich nicht nur nicht lieben, sondern Dich gar nicht kennen, Dich vergessen –; dieses Leben also – ich wiederhole es – muss für uns göttlich sein, wenn es menschlich sein soll, und es wird göttlich sein, wenn wir viel Umgang mit Dir pflegen. Und wir würden zu Dir kommen, auch wenn wir viele Vorzimmer zu passieren hätten und um viele Audienzen bitten müssten. Aber wir brauchen nicht darum zu bitten! Du bist so allmächtig, auch in Deiner Barmherzigkeit, dass Du, Herr der Herren, König der Könige, Dich so sehr demütigst, wie ein Armer vor unserer Tür zu warten. Nicht wir warten auf Dich; Du selbst wartest ständig auf uns.

Du erwartest uns im Himmel, im Paradies. Du erwartest uns in der Heiligen Hostie. Du erwartest uns im Gebet. Und Du bist so gut, dass, wenn Du hier aus Liebe versteckt bist, verborgen in den sakramentalen Gestalten – und daran glaube ich fest –, wenn Du wirklich, wahrhaft und substantiell gegenwärtig bist mit Deinem Leib und Deinem Blut, mit Deiner Seele und Deiner Gottheit, dass dann auch die Heiligste Dreifaltigkeit gegenwärtig ist: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Und nicht genug: aufgrund der Einwohnung des Trösters in unserer Seele ist Gott in uns und sucht uns. Und irgendwie wiederholt sich jeden Tag das Ereignis von Bethlehem. Es ist möglich, dass wir – zwar nicht mit dem Mund, wohl aber mit unseren Taten – gesagt haben: »non est locus in diversorio«4, für Dich ist kein Platz in meinem Herzen. Ach, Herr, verzeih mir!

Ich bete den Vater an, den Sohn, den Heiligen Geist, den einen Gott. Ich begreife dieses Wunder der Dreifaltigkeit nicht. Aber Du hast in meine Seele die Sehnsucht, den Hunger des Glaubens gelegt. Ich glaube! Niemand soll mich im Glauben übertreffen. Ich hoffe! Niemand soll mich in der Hoffnung übertreffen. Ich liebe! Niemand soll mich in der Liebe übertreffen.

Du bist, der Du bist: das höchste Gut. Ich bin, der ich bin: der letzte schmutzige Lumpen dieser verderbten Welt. Und dennoch schaust Du auf mich … und suchst mich … und liebst mich. Herr, dass meine Kinder auf Dich schauen und Dich suchen und Dich lieben. Herr, dass ich Dich suche, auf Dich schaue, Dich liebe.

Auf Dich schauen heißt, die Augen der Seele auf Dich richten, mit dem Verlangen, Dich zu verstehen, soweit der menschliche Verstand Dich mit Deiner Gnade erkennen kann. Mit diesem Bisschen bin ich zufrieden. Und wenn ich merke, wie wenig ich von Deiner Größe begreife, von Deiner Güte, Deiner Weisheit, Deiner Macht, Deiner Schönheit … wenn ich merke, wie wenig ich verstehe, dann werde ich nicht traurig. Ich freue mich, dass Du so groß bist, dass Du nicht Platz hast in meinem armen Herzen, in meinem elenden Kopf. Mein Gott! Mein Gott! … Wenn ich Dir nichts anderes zu sagen weiß, genügen diese Worte: Mein Gott! All diese Größe, all diese Macht, all diese Schönheit … ist mein! Und ich … bin sein!

Anmerkungen
5

Vgl. Röm 8, 21.

6

Vgl. Joh 8,32.

7

Vgl. Mt 7, 21.

(a)

(a) In diesen Abschnitten verwendet der heilige Josemaría das Bild vom Boot und meint damit zweierlei: die Kirche und das Opus Dei. Die Kirche zu verlassen, bedeutet, sich in große Gefahr zu begeben, sein ewiges Heil aufs Spiel zu setzen, während das nicht der Fall ist, falls man das Opus Dei verlassen sollte, es sei denn, man verlässt gleichzeitig auch die Kirche oder missachtet bewusst den Willen Gottes, den man als solchen für sich erkannt hat. In beiden Fällen gibt es die Möglichkeit, immer wieder zurückzufinden und bei Christus zu sein.

8

Feria IV Cinerum, Ant.

9

Joh 6, 44.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
1

Lk 18, 1.

2

Mt 4, 2.

3

Lk 6, 12.

4

Joh 11, 41.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
5

Apg 2, 42.

6

Mt 7, 21.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
7

Mt 11, 29.

8

Vgl. 2 Sam 22, 2.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
9

1 Kor 4, 13.

10

Jes 43, 1: Ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
3

Vgl. Lk 5, 6.

4

Vgl. Mt 13, 47.

5

Joh 21, 11.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
1

Ps 24, 1-2.

2

Ebd.

3

Ebd.

4

Gebet bei der Hl. Messe.

5

Ps 42, 2.

6

Ps 24, 4.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
1

2 Kor 5, 17-18: Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden. Aber das alles kommt von Gott, der uns durch Christus mit sich versöhnt hat.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
8

Vgl. Jer 29, 12.

9

Ps 26, 7.

10

Lk 6, 12.

11

Mt 7, 7.

12

Vgl. Mt 6, 33.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
1

Vgl. Röm 8, 28.

2

Mt 21, 22.

3

Mt 18, 19.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
5

Mk 11, 24.

6

Lk 11, 10.

7

Joh 16, 23.

8

Joh 16, 24.

(a)

(a) „Preces“ ist ein kurzes Gebet, das aus Worten der Heiligen Schrift zusammengestellt ist und von allen Gläubigen der Prälatur täglich gesprochen wird.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
5

Mt 2, 12.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
6

Athanasianisches Glaubensbekenntnis.

7

Eph 2, 3.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
1

Vgl. Jes 66, 12.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
24

Vgl. Joh 19, 27.

25

2 Tim 4, 2.

26

Ps 50, 19.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
6

Vgl. Lk 10, 42.

7

2 Kor 4, 7.

8

Ebd.

9

Sir 21, 17.

10

2 Kor 12, 9.

Verzeichnis der Schriftstellen
Anmerkungen
3

Joh 17, 23.

4

Vgl. Lk 2, 7.

Verzeichnis der Schriftstellen