Die letzten Dinge
"Dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis." - Dann hat also auch der sündige Mensch seine Stunde? - Ja… Und Gott seine Ewigkeit!
Wenn du Apostel bist, dann ist der Tod ein guter Freund, der dir den Weg erleichtert.
Hast du an einem trüben Nachmittag im Herbst die Blätter fallen sehen? So fallen jeden Tag die Seelen in die Ewigkeit. Eines Tages bist du das fallende Blatt.
Hörst du, wie die Menschen der Welt traurig klagen, "daß jeder vergehende Tag ein wenig sterben heiße"?
Aber ich sage dir: Freue dich, apostolischer Mensch, denn jeder vergehende Tag bringt dich näher zum Leben.
Die "anderen" lähmt der Tod, und sie sind entsetzt. - Uns weckt der Tod (das Leben) auf und treibt uns voran.
Für sie ist er Ende, für uns Anfang.
Hab keine Angst vor dem Tod. - Nimm ihn schon jetzt großmütig an…, wann Gott will…, wie Gott will…, wo Gott will. - Sei ganz sicher: er kommt zu einer Zeit, an einem Ort und in einer Weise, wie es für dich am besten ist…, gesandt von deinem Vater Gott. - Willkommen sei unser Bruder Tod!
Welcher Teil der Welt geht unter, wenn ich nicht mehr da bin, wenn ich sterbe?
Siehst du, wie sich die Leiche des teuren Menschen in stinkende Fäulnis auflöst? - Das also ist der schöne Leib! - Betrachte das und ziehe deine Schlüsse daraus.
Die Bilder des Valdés Leal, mit so viel vornehmem Moder, Bischöfen, Edelleuten, in lebender Fäulnis, die müssen dich doch anrühren.
Mehr noch das Seufzen des Herzogs von Gandia: Nie mehr einem Herrn dienen, der mir sterben kann.
(A.d.Ü. Spanischer Maler der Barockzeit, berühmt durch seine Bilder über den Tod.
Der spätere hl. Franz von Borgia.)
Du sprichst mir vom "heroischen" Sterben. Glaubst du nicht, daß es "heroischer" ist, unbemerkt in einem guten Bett zu sterben wie ein braver Bürger…, aber krank vor Liebe?
Für dich, als Apostel, gibt es keinen Tod. - Nur einen Wohnungswechsel, sonst nichts.
"Er wird wiederkommen zu richten die Lebenden und die Toten", beten wir im Credo. - Verliere mir dieses Gericht und diese Gerechtigkeit und diesen Richter nicht aus den Augen.
Brennt in deiner Seele nicht der Wunsch, deinem Vater Gott Freude zu machen, wenn Er dich richten soll?
Die Kinder der Welt neigen sehr dazu, die Barmherzigkeit Gottes zu betonen. - Das ermutigt sie dann auf ihren Abwegen weiterzugehen.
Es ist wahr, daß Gott, unser Herr, unendlich barmherzig ist. Aber Er ist auch unendlich gerecht: es gibt ein Gericht, und Er ist der Richter.
Schöpfe Mut. - Erinnere dich, was der heilige Paulus zu den Korinthern sagt, daß nämlich "jeder den ihm zustehenden Lohn empfangen wird, entsprechend seiner Arbeit".
Es gibt eine Hölle. - Eine Feststellung, die dir eine Binsenwahrheit scheinen mag. - Ich wiederhole sie dir: Es gibt die Hölle!
Gib das im richtigen Augenblick an jenen Freund weiter… und an jenen anderen.
Hör zu, du, der du bis über die Ohren in deiner Wissenschaft steckst: Deine Wissenschaft kann mir die Existenz teuflischer Kräfte nicht wegleugnen. Meine Mutter, die heilige Kirche, hat ihre Priester viele Jahre lang täglich an den Stufen des Altares zum heiligen Michael beten lassen "contra nequitiam et insidias diaboli" - wider die Bosheit und Nachstellungen des Teufels. Dieses Gebet bleibt noch immer eine wertvolle Frömmigkeitsübung.
Der Himmel: "Kein Auge hat gesehen, kein Ohr gehört, in keines Menschen Herz ist es gedrungen, was Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben."
Treiben dich diese Verheißungen des Apostels nicht an zu kämpfen?
Immer. - Für immer! - Abgegriffene Worte durch das menschliche Trachten, das Angenehme zu verlängern und zu verewigen.
Verlogene Worte für eine Welt, in der alles aufhört.
Alles hier ist beständiges Zu-Ende-Gehen: kaum hat ein Vergnügen begonnen, ist es schon zu Ende.
Text gedruckt bei https://escriva.org/de/camino/die-letzten-dinge/ (06.10.2024)