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Dienen

Um den Beruf zu heiligen, ist es vor allem nötig, gut zu arbeiten und diese Arbeit menschlich und übernatürlich ernst zu nehmen. Hören wir als Kontrast dazu - eine Stelle aus einem apokryphen Evangelium: Der Vater Jesu, der Zimmermann war, so heißt es da, machte Pflüge und Joche. Eines Tages wurde bei ihm ein Bett für eine angesehene Person bestellt. Als man am Ende feststellte, daß das eine Seitenbrett kürzer als das andere geworden war, wußte Josef sich nicht zu helfen. Darauf sagte das Jesuskind zu seinem Vater: Lege die zwei Bretter so auf die Erde, daß sie an einem Ende in gleicher Höhe abschließen. Josef tat so. Dann nahm Jesus das Ende des kürzeren Brettes und zog daran, bis es genau so lang war wie das andere. Josef, der Vater, staunte über das Wunder, küßte und umarmte das Kind und sagte: Welch ein Glück, daß mir Gott dieses Kind geschenkt hat (Kindheitsevangelium, fälschlich dem Apostel Thomas zugeschrieben, Nr. 13).

Nein, Josef würde nicht deswegen Gott gedankt haben, er hat sicherlich nicht so gearbeitet. Der heilige Josef ist nicht der wundergierige Bestauner solch einfältiger Lösungen, sondern ein Mann der Ausdauer, der Anstrengung und, wenn nötig, des Einfallsreichtums. Der Christ weiß, daß Gott Wunder wirkt: Er wirkte sie vor Jahrhunderten, Er hat sie gestern gewirkt, und auch heute wirkt Er sie noch, denn non est abbreviata manus Domini (Jes 59,1), Gottes Macht ist nicht geringer geworden.

Die Wunder sind eine Äußerung der heilbringenden Allmacht Gottes, nicht aber ein Ausweg für unsere eigene Unfähigkeit oder eine Ermunterung zur Bequemlichkeit. Das Wunder, das der Herr von euch erwartet, ist die Beharrlichkeit in eurer gottgewollten christlichen Berufung, die Heiligung der täglichen Arbeit: Er erwartet von euch das Wunder, daß ihr durch die Liebe, mit der ihr eure gewohnte Arbeit erfüllt, die Prosa des Alltags in epische Dichtung verwandelt. Hier erwartet euch Gott, Er will, daß ihr Menschen seid, die ihre Verantwortung spüren, die im Apostolat und beruflich kompetent sind.

Als Motto für eure Arbeit schlage ich euch vor: Para servir, servir. (Unübersetzbares Wortspiel, da der Ausdruck "servir" im Spanischen die doppelte Bedeutung von "dienen" und "taugen" hat, die eine doppelte Übersetzung erlaubt: "Um zu dienen, muß man taugen", oder auch umgekehrt: "um zu taugen, muß man dienen".) Denn um ein Vorhaben zu verwirklichen, muß man an erster Stelle lernen, die Arbeit zu Ende zu führen. Ich glaube nicht an die gute Absicht eines Menschen, der sich nicht bemüht, das notwendige Fachkönnen zu erlangen, um gute Arbeit zu leisten. Gutes tun zu wollen genügt nicht, man muß auch lernen, wie man es tut. Und wenn wir es wirklich wollen, dann wird sich dieser Wunsch in unserem Bemühen äußern, die notwendigen Mittel einzusetzen, damit unsere Arbeit vollendet, damit sie menschlich vollkommen ist.

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